Object: Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen

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12. In der Kinderstube. 
ein unbesiegliches Hindernis besteht, sie dem Kinde zu gewähren, trete ein 
Ersatzmittel dafür ein. Das beste derselben ist immer die Kuhmilch, gegen 
deren Gebrauch in rohem Zustande aber in letzter Zeit große Bedenken auf¬ 
getaucht sind. Von den jetzt gebräuchlichen Verfahrungsweisen, sie dem Kinde 
zuträglich zu machen, ist die von Soxleth am meisten zu befürworten, obschon 
nicht geleugnet werden kann, daß ihr gewissenhafter Gebrauch viel Zeit und 
Mühe in ansprach nimmt. Reinlichkeit ist dabei das wichtigste Erfordernis. 
Die Milch soll in den ersten Lebensjahren ausschließliche Nahrung der 
Kinder sein. In Verbindung mit Zwieback bildet sie einen bequemen Über¬ 
gang von der ersten natürlichen Nahrung zu stärkerer, zu weich gekochten 
Eiern, Fleischbrühe mit Ei gemischt, zu gut gebackenem Brot, zu Mehlspeisen, 
Hülsenfrüchten, zu mäßig fettem Fleische. Milchspeisen sind unter allen Ver¬ 
hältnissen die den Kindern zuträglichsten und diejenigen, welche auch bei spär¬ 
licher Einnahme zu beschaffen sind, ein Punkt, der in kinderreichen Familien 
von der Mutter wohl zu erwägen ist. 
Die Ernährung erfordert große Umsicht und Sorgfalt, besonders die all¬ 
mähliche Gewöhnung des Kindes an neue Nahrungsmittel. Bei vorkommenden 
Störungen zögere man nicht zu lange, einen Arzt beizuziehen. Zn vermeiden 
sind alle unnützen, meist sogar schädlichen Geheimmittel, welche von 
Laien so gerne angeraten werden. 
Zeitig schon beginne die Gewöhnung an Mäßigkeit und Ordnung. Man 
suche das Kind von der ersten Lebenswoche an zur Einhaltung bestimmter 
Stunden, in welchen die Nahrungsaufnahme geschieht, zu bringen. Gegen 
die Ordnung und Mäßigkeit streitet es, wenn man Kindern Naschwerk gibt, 
das ohnehin wenig Nährwert hat. Gewürzhafte und erhitzende Speisen und 
Getränke sind Kindern ohne Ausnahme nachteilig. Alle Nahrungsmittel miissen 
frisch und unverdorben, rein und unverfälscht sein. Besonders aber dringe 
man auf öftere Reinigung der Geräte, sowie auch der Zähne, des Mundes 
und der Hände der Kinder. Da kleine Kinder alles gern zum Munde führen, 
so habe man acht, daß durch giftige Stoffe, Farben u. dgl. nicht Schaden 
entstehe. Auch behüte man die Kinder, daß sie nicht unverdauliche Gegen¬ 
stände, wie Kirsch- und Pflaumenkerne, Bohnen, Münzen, Nadeln re. rc. in 
den Mund nehmen, von welchem aus sie leicht in die Verdaunngs- oder 
Atmungsorgane gelangen und die schlimmsten Zustände herbeiführen können. 
Bei der H a ut p f l e g e ist vor allem auf allgemeine Reinlichkeit durch Bäder, 
Waschungen und stets reine Leibwäsche zu halten. Bäder dürfen nicht zu 
lange ausgedehnt werden. Das Baden geschehe nicht bei vollem Magen, nicht 
unmittelbar nach dem Essen, nicht nach raschem Laufe und heftiger Körper¬ 
anstrengung, nicht an gefährlichen Orten. Mit dem Baden sind entsprechende 
Bewegungen zu verbinden; die gesündeste ist das Schwimmen. Bei schwäch¬ 
lichen, blutarmen Kindern muß man kaltes Wasser nur mäßig und vorsichtig 
verwenden, wenn man die Kinder wirklich kräftigen will. 
Nasse Kleider darf man nie aus dem Leibe trocknen lassen, weil dadurch 
dem Körper stets ein Teil seiner Eigenwärme entzogen und die Hautthätigkeit 
gehemmt wird. Die gewöhnliche Folge von solcher Vernachlässigung sind 
Erkältungen, die meist Kartarrhe herbeiführen. Sobald Schnupfen, Husten,
	        
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