Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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So nächtlich auf der Reisen 
Verlassen sie den Tross; 
Und mit verkehrten Eisen 
Beschlagen beid ihr Eoss; 
Dass nicht die Spur verkünde 
Den Feinden ihren Weg; 
Dann geht es durch die Gründe 
Und über den Felsensteg. 
Die guten Eosse jagen, 
Als gings auf ebner Erd, 
Bis es beginnt zu tagen; 
Da hinkt des Fürsten Pferd. 
Es zeigt hispansche Beiter 
Von fern das Morgenlicht, 
Das treue Thier will weiter, 
Bis es zusammenbricht. 
-Ihr zögert, es zu nehmen? 
Was weint ihr über mir? 
Soll mich an Treu beschämen 
Dort euer todtes Thier? 
Das Thier hat euch getragen, 
Bis dass es niederfiel; 
Von mir soll Keiner sagen: 
Er wich von ihm am Ziel.« 
/ Zugleich mit raschem Schwünge 
Setzt er aufs Pferd den Herrn,5 
Das mit behendem Sprunge 
Eennt in des Waldes Kern. 
Auf alle Vorsicht denkt er; 
Das todte Eoss sogleich, 
Die Spur zu tilgen, senkt er 
Abseits in einen Teich. 
Der junge Fürst zu Fusse 
Stand in dem fremden Wald, 
Er schwang zum Morgengrusse 
Sein frisches Schwert alsbald. 
-Ich lasse mich nicht fangen, 
Ich Sterb in dieser Noth! 
Wohl vor dem Kloster bangen 
Darf mir, nicht vor dem Tod!« 
'-.Mit strafender Geberde 
,Sprach aber: »Das sei fern!« 
Und stieg dabei vom Pferde 
Der treue Mann Tiffern. 
-Es darf ein Fürstenleben 
Nicht so sich bieten feil; 
Mein Eoss will ich euch geben, 
Darauf entweicht in Eil!« 
'/ Er selbst verbirgt im Moore, 
In Schilf und Büschen sich, 
Und harrt im feuchten Bohre, 
Bis dass der Tag verblich. 
An ihm vorüber flogen 
Die Knecht’, es späht ihr Blick; 
An ihm vorüber zogen 
Sie Abends leer zurück. 
(¿/Da tritt er aus dem Schilfe 
v Und danket auf den Knien, 
Dass Gott der treuen Hülfe 
Hat das Gedeihn verliebn; 
Dass .er ihn lässet ernten 
Die Früchte seiner That; 
Darauf sucht er durch Kärnthen 
Ins Bayerland den Pfad. 
f 
Er kommt auf langen Wegen 
Nach Landshut vor das Schloss, 
Dort wiehert ihm entgegen 
Im Hof sein treues Eoss. 
Erlöst von allem Harme 
Schaut aus des Ohmes Haus 
Und recket seine Arme 
Der Christoph nach ihm aus. 
L Sechs Monate hielt sich Christoph in Landshut auf, dann verliess er die¬ 
sen Zufluchtsort und begab sich wahrscheinlich nach Graubündten. Als end¬ 
lich sein Vater Ulrich durch die Schlacht bei Lausten (1514) sein Land wiedei 
gewann, da ging auch dem in der Fremde irrenden Flüchtling ein Stein dm
	        
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