§ 98. Die Wissenschaften.
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Philosophie zwei deutsche Gelehrte hoch verdient gemacht: Wilhelm b. Leibniz
(meist in Hannover und Berlin, f 1716) und ber große Deuker Immanuel
Kant (f 1804). Letzterer war in der ganzen zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts als Professor in Königsberg fhätig und übte durch seine
grundlegenden Werke (über Wesen und Inhalt menschlicher Erkenntnis) tiefen
Einfluß auf die deutsche Geistesentwicklung der Zeit, namentlich auch auf
einzelne unserer nationalen Dichter, wie auf Herder und Schiller.
2. Altertums- und Oeschichtsnnsscnschaft. Neben der Philosophie
nahm die Altertumskunde, und zwar zunächst nach der ästhetischen und künst-
krischen Seite, einen vorteilhaften Aufschwung, namentlich durch Christian
Heyne (seit 1763 Professor in Göttingen) und durch Johann Winckel-
mann aus Stendal, der längere Zeit als Bibliothekar und Oberinspektor
der römischen Altertümer in päpstlichen Diensten stand und 1764 eine „Ge¬
schichte der Kunst des Altertums" veröffentlichte. Durch ihn wurde auch
Lessing zu seinem kunstkritischen Werke „Laokoon" (1766) angeregt. Der
Pflege der historischen Wissenschaften dienten die neugegründeten Akademien
(in Berlin, München, Mannheim und an anderen Orten).
3. Zur Förderung der Walurforschung wurden botanische und zoologische
Sammlungen angelegt und Sternwarten gegründet. Die erheblichsten Fortschritte
erzielten vorzüglich ausländische Gelehrte: der Engländer Newton (f 1727)
durch die Entdeckung der Schwergesetze, der Schwede Linne (f 1778) durch Be¬
gründung verwissenschaftlichen Botanik, ferner der Amerikaner Franklin, der (1753)
den Blitzableiter, der Engländer James Watt, der (1769) erhebliche Verbesserungen
der Dampfmaschine, der Franzose Montgolfier, der (1783) den Luftballon
erfand, und der englische Optiker und Astronom Friedrich Wilhelm Her scheel,
ein geborner Hannoveraner, der kunstreiche Fernrohre fertigte kund wichtige Eni-
bedungen am Sternenhimmel machte (Auffindung des Uranus 1781).
4. Auf dem Gebiete des Krziehungsniesens haben sich Männer wie
Francke (als Stifter des Waisenhauses in Halle 1698), Basedow (als
Begründer einer Mustererziehungsschule in Dessau 1774) und Salzmann
(als Begründer einer ähnlichen Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal in Sachsen-
Gotha 1784) verdient gemacht. Ihre volksfreundlichen Erziehungsgrundsätze
wurden weiter ausgebildet durch den Schweizer Pestalozzi, der in seiner
Heimat Waisenhäuser und Schulanstalten ins Leben rief und erziehliche
Volksromane schrieb (wie „Lienhard und Gertrud" 1781), ferner durch den
Schulmann Heinrich Campe aus Braunschweig, unter dessen lehrhaften
Jugendschriften „Robinson der Jüngere" obenan steht (eine gehaltreiche Nach-
ahmung des 1719 iu England erschienet?en Romans „Leben und wunderliche
Abenteuer des Robinson Krusoe" von Desoe).
§ 99.
t)ir Wiedergeburt der Dichtung.
1. Worbereitungszeit bis 1748. Als Vorbereitung zu einer Wieder-
geburt unserer vaterländischen Dichtung dienten die kritischen Kämpfe, welche