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der Bursche, „aus Furcht weine ich nicht; aber ich ha«
„be eine siebenzigjährige gichtbrüchige Mutter, und eine
„Schwester, welche durch die Pocken blind geworden,
„und diese beiden habe ich bisher mit meiner Arbeit
„ernährt; die jammern mich so sehr." Der Offizier
fragte nach, ob dieses sich also verhielte? und als er¬
es wahr befand, ließ er den Burschen zurück. Nach
zwei Monaten starb die alte Mutter, und kur; darauf
die blinde Schwester, und nun, sobald sie begraben wa¬
ren, ging der junge Bursche zum Regiment, und mel¬
dete sich. Denn er sprach bei sich selbst: Nun hält
mich keine andere Pflicht ab, meinem Könige zu dienen,
und wenn sich der gute Offizier an mir nicht betrogen
findet, so ist er vielleicht gegen andere eben so gütig,
wie er gegen mich gewesen ist.
Edle Gesinnungen sind an keinen Stand gebunden.
47. Die Straft.
einem Dorfe lebte ein Mann, der viel Geld hatte;
weil er nun sehr unverständig war, so bildete er sich
auf seinen Reichthum viel ein, und wollte alles mit
Geld zwingen. Dieser Mensch hatte einmal eine böse
Handlung begangen, und sollte andern zum Beispiel ge,
straft werden. Die Obrigkeit hatte eine öffentliche kei-
besstrafe für ihn bestimmt, um seinen Stolz zu demü¬
thigen. Gleich war er mit seinem Gelde bereit, und
wollte sich von der Strafe loskaufen. „Nein," sagte
die Obrigkeit, „du hast öffentlich und aus Uebermuth
„gesündiget, du mußt auch öffentlich beschämt und ge-
„straft werden. Der Reiche muß eben sowohl Recht
„thun, und der Ordnung sich unterwerfen, wie der Ar-
„me." Da lobten alle Leute im Dorfe die Gerechtig¬
keit dieses Ausspruchs und ein jeder ward dadurch zu¬
frieden gestellt und gebessert.
Siehe des Reichen Geschenke nicht an im Gerichte,
sondern sey unparteiisch, wenn du richtest.
Gottes und der Obrigkeit Gebote müssen Arme und
Reiche befolgen.
Spr. Sal. 20, zo. Man muß dem Bösen wehren
mit harter Strafe Und mit ernsteu Schlägen, die man
fühlt. Sir. 5, i.