Full text: Der neue Kinderfreund

— 63 
93. Frage eines Schulkindes an seinen Lehrer. 
Aas Schulkind. Aber, lieber Lehrer, wenn ich nun 
keine Arbeit bekommen kann, wie soll ich dann dem 
Müßiggänge entfliehen? 
Der Lehrer. Wie vielerlei Hauptarten der Arbeit 
mag es wohl geben? 
Schulkind. Nun, ich denke, zwei, Kopf- und 
Handarbeiten. 
Lehrer. Und die Handarbeiten — kannst du sie 
alle nennen? 
Schulkind. Nein, eS mögen sehr tm?e seyn. 
Lehrer. Ob alle diejenigen, die bei den vielen 
Handarbeiten nöthig sind, lauter Meister seyn mögen? 
Schulkind. Nein, eS giebt auch Gesellen und 
Lehrjungen. 
Lehrer. Sonst hast du keine andere Gattung Men¬ 
schen dabei bemerkt? Z. B. bei den Maurern, wie heißt 
der, der Sand und Kalk und Steine zuträgt? 
Schulkind. Ein Handlanger. 
Lehrer. Ob auch diese nöthig seyn mögen? 
Schulkind. Ja; denn sonst niüßte ein anderer 
brauchbarer Arbeiter sich damit beschäftigen, der indeß 
etwa- Besseres thun könnte? 
Lehrer. Der Handlanger erhält aber wohl eben 
so viel Lohn als der Meister? 
Schulkind. Nein, ich glaube nicht; denn dazu 
kann man ja einen jeden gesunden Menschen gebrauchen; 
der Meister hingegen muß sein Handwerk schon ordent¬ 
lich gelernt haben, und mehr verstehen, aber dann auch 
mehr Lohn haben. 
Lehrer. Freilich; nachdem einer nützt, nachdem 
wird er gemeiniglich bezahlt. Was wolltest du also 
thun, wenn du etwa mit dem Handwerke, welches du 
eigentlich gelernt hättest, vorsetzt nichts verdienen könn¬ 
test, wolltest du lieber so lange müßig gehen, betteln, 
stehlen oder hungern? 
Schulkind. Rein, ich wollte mich nach anderer 
Arbeit erkundigen, und wo jemand Hülfe brauchte, 
helfen. 
Lehrer. Aber, wenn du die Arbeit noch nie ge¬ 
than hättest, würdest du gleich so viel Lohn fordern kön-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.