— 39 —
wie wir es heute wissen — und von diesem Ende aller Dinge
machten die alten Nordmänner sich gar sonderbare Vorstellungen.
Sie glaubten, die Welt würde von einem Jahrhundert zum
anderen immer schlechter und böser; die Menschen würden immer
mehr von den Göttern abfallen und sich den bösen Riesen zuneigen,
ja, die Götter selbst allmählich unter dem Einfluß des Bösen,
das von Loki herstammt, nicht mehr die Reinheit bewahren,
die sie ursprünglich gehabt. Sobald dies geschehen, also das
Böse über das Gute in der Welt die Oberhand gewinnen
würde, dann mußte nach ihrem Glauben eine allgemeine Auf¬
lösung des ganzen Weltalls erfolgen, und diesen Zustand der
Auflösung nannten sie Götterdämmerung. Das erste
Zeichen des beginnenden Weltunterganges war der Tod des
unschuldigen Baldur. Mit ihm war gleichsam das Gute aus
der Welt verschwunden, und die Herrschaft des Bösen hatte
begonnen. Aber es gab der Zeichen gar viele: zuerst, hieß
es, würde die Erde an allen Enden wiederhallen von Krieg
und Kriegsgeschrei; Brüder und Verwandte, ja, Eltern und
Kinder würden sich gegenseitig befehden, und unerhörte Ber¬
brechen von den Menschen begangen werden. Dadurch werde
dann das Reich der Hela immer mehr mit Kämpfern angefüllt,
und die Zeit, wo sich Loki an ihre Spitze stellen kann, immer
näher heranrücken. Dann kommen drei schreckliche Winter hinter¬
einander, ohne daß ein Sommer dazwischen ist. Dann kommt
die Wolfszeit. Eine Anzahl Wölfe, die sich an dem unschul¬
dig vergossenen Blute gemästet haben, dringt auf die Welt
ein uuö verschlingt Sonne, Mond und Sterne. Die Erde
und das Meer werden gewaltig erschüttert. Loki erzeugt ein
Erdbeben über das andere, uud die Midgardsschlange windet
sich im Meere, daß das Land weithin von den Wellen über¬
flutet wird. Endlich reißen alle Bande. Loki wird frei,
die Midgardsschlange steigt ans Ufer, und der Fenriswolf
reißt sich los und geht surchtbar brüllend umher. Dann