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sonnen, unerschrocken und fest wie ein Fels mitten im Rauche und im 
Donner des Geschützes. Nicht das Getümmel, nicht das Sausen der 
Kugeln, nicht der Verwundeten und Sterbenden Klagen heißen es wanken. 
Ist sein Führer gefallen, stellt es sich in die Reihe der Genossen, es stürzt 
allein in das Gewitter der Schlacht. Und bluten ihm selber tiefe Wunden, 
nimmer vernimmt man von ihm einen Klageton, nimmer ein Zeichen des 
Schmerzes, nur Freude, nur Kampflust wecken seine Stimme. 
Ernst und langsam schreitet das Pferd hinter dem Trauerwagen 
des Helden, den es trug, einher. Aber es gewinnt den Mut wieder, es 
erwacht sein Stolz, wenn es unter dem Schalle der Trompeten den 
Triumphwagen zieht. Mit goldenem Gebisse, mit funkelndem Zügel, 
mit Purpurdecken geschmückt, schreitet der Andalusier feierlich einher, trägt 
hoch sein Haupt, zeigt hell den Blick; denn auch ihm gehört der Lorbeer, 
und er weiß, daß er mit dem Herrn der Erde ein Bündnis geschlossen hat. 
5) Und wie das Pferd des Helden Schirm und Trutz in der Schlacht, 
so ist es auch sein Freund, sein Gehilfe im Frieden. Mit dem Krieger 
in die Heimat zurückgekehrt, legt es ab die Rüstung, zieht geduldig den 
Pflug und den Erntewagen. Es trägt den Reisenden über die rauhen 
Pfade der Alpen, in die Eisfelder Sibiriens und durchrennt mit ihm die 
Ebenen von Amerika. Der Zelter begleitet den Araber, wie dieser ge¬ 
nügsam, in die brennenden Wüsten, trägt alle seine Habe, ist das Spiel 
seiner Kinder, ruht getreulich neben ihnen unter einem gleichen Dache. 
Stets bleibt das Pferd ein beharrlicher, geduldiger Arbeiter, ein unermüd¬ 
licher, rüstiger Gänger, behender Renner, ein offener, kühner Held, treuer 
Waffengenosse, ohne Falsch und ohne Bosheit. Es ist dem Menschen zu¬ 
gegeben, ihm geboren, gelehrig und folgsam, durch ihn gehoben. Und wo 
es seiner Leitung entzogen, frei umherstreift in den Steppen der Tatarei 
und Sibiriens, da ist es ein kleiner, struppiger Sohn der Wildnis ge¬ 
worden und jagt scheu mit seinen Gefährten als brausender, verheerender 
Strom über die Ebene hin. Meyer. 
111. Ditz Rosse von Vionville.*) 
Heiss war ‘der Tag und blutig die Schlacht, 
Kühl wird der Abend und ruhig die Nacht. 
Droben am Waldsaum, nieder ins Tal 
Zweimal schmettert TrompetensignaL 
Ladet so laut und schmettert so hell, 
Ruft die Dragoner zurück zum Appell. 
Truppweis, in Rotten, zu dreien und zwei’n 
Stellen die tapfern Reiter sich ein. 
Aber nicht alle kehren zurück, 
Mancher liegt da mit gebrochenem Blick, 
Kam zur Reveille frisch noch und rot, 
Liegt beim Appell bleich, blutig und tot. 
*) Dorf bei Metz. Hier blutige Schlacht am 16. August 1870.
	        
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