Full text: Das Leben in Stadt und Land, in Feld und Wald

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Taf. XII. Der Winter. 
grenzt. Die entfernter liegenden Häuser sind klein, scheinen 
mit Stroh gedeckt, und gestatten die Annahme, daß wir 
eine Dorfstraße vor uns haben. Allein die hier im 
Vordergründe stehenden zweistöckigen Gebäude wider¬ 
sprechen dieser Vermutung. Noch fraglicher wird jene 
Annahme bei einem aufmerksamen Blick auf die Personen, 
welche sich mit Schlittschuhlaufen auf der Eisbahn ver¬ 
gnügen. Sie sind sämtlich nach Art der Stadtbe¬ 
wohner gekleidet, und so werden wir wohl nicht irren, 
wenn wir annehmen, daß wir uns hier in einer Vor¬ 
stadt befinden, d. h. in einem Stadtteile, der unmittelbar 
vor den Thoren einer Stadt liegt. In dem am meisten 
nach vorn gelegenen Hause befindet sich eine Schmiede. 
Ein herrschaftlicher Reitknecht — der rote Kragen sei¬ 
nes Rockes verrät die Livree — läßt seinem Pferde ein 
neues Eisen auflegen. Die Männer dort in der Schmiede 
haben es in der Glut der Feueresse und mittels der 
kräftigen Schläge ihrer Hämmer geschmiedet, und nun 
wird es auf dem Huf des Pferdes mit Nägeln sorgfältig 
befestigt. Dadurch wird der Huf des Pferdes vor Ver¬ 
letzung gesichert, wie sie leicht vorkommen könnte, wenn es 
scharf auftretend über den hart gefrornen Erdboden hin¬ 
läuft. Ist aber die Straße glatt, wie dies bei schneeigem 
Wetter der Fall zu sein pflegt, so sichern die an den beiden 
äußersten Enden des Hufeisens hervorragenden Stollen 
das Pferd vor dem Ausgleiten. 
Wir können jedoch das Haus des Schmieds nicht 
verlassen, ohne noch einen Blick in seine Familie zu 
thun. Ein Töchterchen desselben sieht oben aus dem Fenster, 
und füttert die Sperlinge mit ausgeworfenen Brosamen. 
Ja freilich, die armen Tierchen finden jetzt in Feld und 
Wald ihr Futter nicht, denn die schneebedeckten Fluren tragen 
keine Frucht, und die genießbaren Körnchen, die sonst wohl 
da und dort auf der Straße liegen, sind jetzt mit einer 
kalten, weißen Decke verhüllt. Aber dann thut Gott der
	        
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