Full text: Kleine Lebensbilder berühmter Männer für den geschichtlichen Unterricht

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feinem Tode aber lebte der Name des großen Karl in den Sagen unb 
Liedern des Volkes fort, und Jahrhunderte lang wurde alles Große und* 
Schöne an seinen Namen geknüpft. 
§ 69. Heinrich I., der Städtegründer. 
Unter Karls des Großen Enkeln löste sich das große, von ihm ge- 
gründete Reich so zu sagen in seine natürlichen Bestandteile auf, und in dem 
Lause desselben Jahrhunderts bildete sich ein westfränkisches und ein ost¬ 
fränkisches Reich. In dem ostfränkischen oder deutschen Reiche, in welchem 
Karls Enkel, Ludwig der Dentsche, zuerst regierte, starb das karolingische 
Herrscherhaus mit Ludwig dem Kinde aus, und mau wählte Konrad I., 
Herzog von Franken, zum Könige, der nach nur siebenjähriger Regierung 
auf seinem Sterbebette nicht seinen Bruder Eberhard, sondern Heinrich. 
Herzog von Sachsen, zu seinem Nachfolger empfahl, obgleich dieser während- 
seiner Regierung sein gefährlichster Widersacher gewesen war. 
Kaum hatte Konrad die Augen geschlossen, so begab sich sein Bruder 
Eberhard mit den Reichskleinodien nach Sachsen, um Herzog Heinrich den 
letzten Willen seines Bruders kund zu thim. Er traf ihn, wie die Sage 
geht, gerade bei seinem Vogelherde mit dem Vogelfange beschäftigt, weshalb 
man ihn auch den Vogelsteller oder Finkler genannt hat. Eher ver¬ 
dient er aber den Namen „der Große", weil er Großes für das deutsche 
Reich gethan hat. Er ist der eigentliche Begründer desselben. Da er nur von 
den Franken und Sachsen gewählt war, wollten die Herzöge der anderen 
Stämme, der Schwaben und Bayern, seine Oberhoheit nicht anerkennen; 
die Lothringer hatten sich sogar an das westfränkische Reich angeschlossen. 
Mehr durch Klugheit und zeitgemäßes Nachgeben als durch die Gewalt der 
Waffen wußte Heinrich den Widerstand derselben zu beseitigen und sich die 
Anerkennung der beiden Herzöge zu verschaffen. Nach Verlauf einiger 
Jahre gewann Heinrich auch Lothringen wieder, so daß nun alle deutschen 
Stämme unter seiner Herrschaft vereinigt waren. 
Daß Heinrich die Waffen kräftig zu führen verstand, haben die Ungarn 
erfahren, jenes wilde Volk, welches gewissermaßen die Stelle der früheren 
Hunnen und Avaren einnahm, indem sie ähnlich wie jene durch verheerende 
Einfälle die deutschen Gauen mit Raub und Plünderung heimsuchten. Die 
Schwäche der letzten karolingischen Herrscher hatte dies räuberische Volk 
wiederholt nach Deutschland gelockt, in welches sie in einzelnen Scharen 
einfielen, ohne daß ihnen ernstlicher Widerstand entgegengesetzt wurde. Denn 
mit dem Reiche war auch die Ordnung des Heerbanns verfallen, und zudem 
waren die Ungarn ein Reitervolk. Sie erschienen überall blitzschnell und 
verschwanden wieder ebenso rasch, wenn man sie angreifen wollte, so daß. 
die Deutschen, die zu Fuß kämpften, ihnen nichts anhaben konnten. Als
	        
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