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reizten Feind auszumachen hat, unerschwingliche Forderungen, Drohung, 
nicht selten Mißhandlung und Todesgefahr, überall Geschrei, Jammern, 
Gewaltthat. Schränke und Truhen werden erbrochen, Wertvolles und Wert¬ 
loses geraubt, verdorben, zerschlagen, am meisten bei solchen, welche geflohen 
find, denn die Habe ihres ungastlichen Hanfes ist nach Soldatenbranch dem 
Eindringenden verfallen. Die Behörden der Stadt werden auf das Rathaus 
geschleppt, und über die Quartiere der Truppen, über Lieferung von Lebens¬ 
mitteln und Fourage und über eine unmögliche Schatzung, welche die Stadt 
zahlen soll, beginnt die peinliche Verhandlung. 
Können die feindlichen Führer nicht durch Geschenke befriedigt werden, 
oder soll die Stadt eine Strafe erhalten, so werden angesehene Einwohner 
zusammengetrieben, festgehalten, bedroht, vielleicht beim Ausbruche als Geiseln 
fortgeführt. Lagert ein größeres Corps um die Stadt, so bivouakiert auch 
wohl ein Bataillon auf dem Markt. Schnell ist der Franzose eingerichtet, 
aus den Vorstädten hat er sich Stroh herbeigeholt, die Lebensmittel hat er 
unterwegs geraubt, zum Brennholz zerschlägt er die Thüren und Möbel, 
häßlich dröhnt das Krachen der Äxte in den Balken und Schränken der 
Häuser. Hell flackern die Lagerfeuer auf, lautes Lachen, französische Lieder 
klingen um die Flammen. 
Und zieht am Morgen nach einer Nacht, die der Bürger ängstlich 
durchwachte, der Feind wieder ab, dann sieht der Städter erstaunt die schnelle 
Verwüstung in der Stadt und vor dem Thor die plötzliche Verwandlung 
der Landschaft. Das unabsehbare Getreidemeer, welches gestern um seine 
Stadtmauern wogte, ist verschwunden, von Roß und Mann zerwühlt, nieder¬ 
gestampft, zertreten; die Holzzäune der Gärten sind zerbrochen, Sommer¬ 
lauben, Gartenhäuser abgerissen, Fruchtbäume abgehauen. In Haufen liegt 
das Brennholz um die erlöschenden Wachtfeuer, der Bürger mag darin die : 
Bretter seines Wagens, die Thore seiner Scheuer finden; kaum erkennt er 
die Stelle, wo sein eigener Garten war, denn mit Lagerstroh und wüstem j 
Unrat, mit dem Blute und Eingeweide geschlachteter Tiere ist der Platz i 
bedeckt. Und in der Ferne, wo die Häuser des nächsten Dorfes aus dem § 
Baumlaub ragten, erkennt er auch die Umrisse der Dächer nicht mehr; nur 7 
die Wände stehen wie ein Trümmerhauf. 
Herb war es, solche Stunden zu durchleben, und auf Tage entfiel wohl ch 
manchem der Mut. Auch dem Begüterten wurde es jetzt schwer, den Seinen u 
nur das Leben zu fristen. Alles war aufgezehrt und verwüstet, die Lebens- , 
mittel der Stadt und der Umgegend, und kein Landmann brachte das Unent- -ä 
behrliche auf den Markt, weit in das Land mußte man senden, den Hunger 73 
zu stillen. Aber der Mensch wird bei einer schnellen Folge großer Ereignisse Zss
	        
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