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pituliren (6. Nov.). Auch in Schlesien erschien ein feindliches
Heer, und in Polen wußte Napoleon einen Aufstand zu erregen,
worin dieses Preußen den Gehorsam aufkündigte und für Frankreich
Hilfstruppen bildete. Im Frieden zu Posen (11. Dec. 1806) trat
Sachsen aus dem Kampfe gegen Frankreich, nahm die königliche
Würde an und trat dem Rheinbünde bei. Der Kampfschauplatz
hatte sich unterdessen an die Weichsel gezogen, wohin sich der Kö¬
nig mit 12,000 Mann unter dem General Kalkreuth begeben hatte,
um die herannahenden russischen Hilfstruppen mit sich zu vereini¬
gen. Ein blutiger Kampf entbrannte hier von Neuem. Nach
mehreren kleinen Gefechten kam es zu der mörderischen Schlacht
bei Ey lau (7. und 8. Febr. 1807), die jedoch für keinen Theil
entscheidend war. Desto mehr entschied aber der furchtbare Kampf
bei Fried land (14. Iun- 1807),- der ganz zum Nachtheile der
Verbündeten sich wandte. Einem für Preußen und Rußland nach¬
theiligen Waffenstillstands folgte der Friede zu Tilsit (8. Juli)
zwischen Frankreich und Rußland und Preußen. In diesem Frieden
verlor der König alle Provinzen am linken Elbufer, seinen Antheil
von Polen, die Stadt Danzig, den größten Theil Westpreußens und
den kottbusser Kreis, also die Hälfte seiner Staaten, mit mehr als
Mill. Einwohner. Er mußte überdieß noch eine Kriegssteuer
von 112 Mill. Thalern bezahlen, dem Könige von Sachsen eine
Militairstraße durch sein Land gestatten, französische Besatzungen in
Glogau, Stettin und Küstrin unterhalten, sich zur Verringerung
seines Heeres auf ein Maximum von 42,000 Mann verpflichten
und die Brüder Napoleons als Könige von Neapel, Holland und
Westphalen (letzteres bestand aus den preußischen Provinzen am
linken Elbufer, Hessen-Kassel und Braunschweig) anerkennen. Nur
die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern
Und Schlesien blieben unter Friedrich Wilhelms Scepter,
Trotz der fortdauernden Erschöpfung der verminderten Monar¬
chie, hegannnen doch sogleich in den ersten Jahren des Friedens die
wohlthätigsten Verhesserungen in der Verfassung des Staates.
Eine neue Universität wurde zu Berlin gestiftet. Die Erbunter-
thänigkeit auf den königlichen Domainen und adeligen Gütern
wurde aufgehoben, ferner der Zunftzwang; eine neue Städteord¬
nung trat ein, es wurden Regierungen und Oberlandesgerichte ein¬
gerichtet und der staatsbürgerliche Unterschied zwischen Protestanten
und Katholiken hörte auf. — Wahrhaft königlich war Frie¬
drich Wilhelms Erklärung, daß nur das p e r s ö n l i ch e V e r d i e n st,
nicht die Geburt, zur Anstellung im Staatsdienste berechtigen
sollte. Das Heer erhielt durch Scharnhorst und Gneisenau