Rührendes! — Der Vogel pfiff nun, als ob seine kleine Kehle in eine
Laute verwandelt wäre. — Rascher!' sagte der Mann; langsamer So ists
recht. Aber was zum Henker hast du mit deinen Füßchen und deinem Köpf—
chen vor? Kein Wunder, daß du herauskommst, Monsieur Bijou, wenn du
den Talt zu schlagen vergißest. Nun, das ist ein lieber Bijou, bravo, bravo,
Mãännchen!' Alles, was ihm geheißen und woran er erinnert wurde, that er
mit bewunderungswürdiger Pünktlichkeit. Sein Kopf und sein Fuß schlugen
den Takt, und beide drückten sowol die Abwechselung des Tones als der
Bewegung aus. Der Ton selbst war ein treuer Widerhall des Sinnes, und
zwar nach den strengsten Regeln der Musik. Bravo, Bravo! hallte es von
allen Seiten des Zimmers wider. Und du bezeugst deine Dankbarkeit nicht
für dieses Lob?' rief der Vogelsteller unwillig aus. Der Vogel verbeugte
sich auf das ehrerbietigste.
Das nächste Kunststück, das der Kanarienvogel machte, bestund darin,
daß er mit einer aus einem Strohhalm gemachten Flinte den Soldaten spielte
Du hast ein saures Stück Arbeit gemacht, mein armer Bijou, sagte der
Vogelsteller, als er fertig war, und mußt wol etwas müde sein. Nur
noch ein Paar Stückchen, und dann sollst du ausruhen. Zeig einmal den
Damen, wie man einen Knix macht.. Der Vogel zog nun das eine Füßchen
hinter das andere, und sank und hob sich mit der vollkommensten Ungezwun—
genheit und Grazie. Das ist schön, mein liebes Männchen; und nun einen
Bückling. Er machte ihn, indem er zugleich den Kopf neigte und mit den
Fußen scharrte. Nun laß uns mit einem Walzer schließen, Bijou. Getroffen!
recht so! lustig!' Die Lebhaftigkeit, die Genauigkeit, das Feuer, womit dieser
letzte Befehl vollzogen wurde, trieb den Beifall der ganzen Gesellschaft bis
zur höchsten Bewunderung. Bijou selbst schien den Durst nach Ruhm zu
fühlen, schüttelte seine kleinen Federn, stimmte einen Jubelgesang an, in wel—
chem man das Selbstbewußtsein des Siegers zu hören glaubte.
Du hast es brav gemacht, was ich dir geheißen habe, sagte der Vogel—
steller, indem er seinen gefiederten Liebling liebkosete; mach also jetzt ein
Schläfchen, während ich deinen Platz einnehme.“ Der Kanarienvogel siel
nun in einen verstellten Schlummer, und zwar so täuschend, als ob Morpheus
alle seine Kraft an ihm versucht hätte; erst schloß er das eine Auge, dann
das andere, dann nickte er, dann sank er so sehr auf die eine Seite, daß
verschiedene von der Gesellschaft die Hände ausstreckten, um ihn vom Fallen
abzuhalten, und gerade, wenn diese Hände ihn zu berühren im Begriffe
waren, faßte er sich wieder und sank dann eben so tief auf die andere Seite.
Endlich schien ihn der Schlaf in einer festen Stellung zu halten, worauf ihn
der Mann vom Finger wegnahm, und ihn auf den Tisch legte, wo er wie
der Vogelsteller versicherte, so lange fest und ruhig schlafen würde, als er
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