XIV. Briefe.
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XIV.
Wriefe.
200.
Mein viel lieber Pate!*).
Du hast mir schon mehrmals geschrieben, ohne daß ich antworten
konnte, weil ich keine Zeit hatte, aber ich habe dich doch immer lieb gehabt,
und es hat mich immer gefreut, wenn ich Gutes von dir gehört habe, und
wenn ich erst einmal Gutes von dir sehe, soll es mich noch mehr freuen.
Jetzt ist es sehr kalt, viele arme Kinder, frieren sehr, arme Leute haben
kein Wasser, weil die Brunnen vertrocknet sind und die Teiche gefroren,
da können sie die Kühe nicht tränken, da können diese keine Milch geben,
da müssen auch Kinder und Eltern noch hungern zu der Kälte. Was ist
aber da anzufangen? Wir wollen das Christkind fragen. Es sagt: „Was
ihr dem ärmsten geringsten Kinde oder Menschen gebt, das habt ihr mir
gegeben!" Sieh, mein lieber Pate, wie gut das Christkind ist: es will
selbst nichts; was die Armen kriegen, das kriegt das Christkind. Wenn
dieA rmen frieren, friert das Christkind aus Liebe mit, und wenn die Armen
bedeckt und gewärmt sind, ist das Christkind so wohl und warm, daß es
uns alles tausendfach wiedergiebt.
Wer aber nichts zu geben hat, wie alle kleinen Jungen, und wie du,
der muß beten für die Armen, daß Gott seine Engel schickt, welche ihnen
Kleider und Hol; bringen, und welche machen, daß wieder Wasser genug
kömmt für die Kühe, daß es wieder Milch giebt, und sie was zu essen haben.
Dieses, mein lieber Pate, ist das Neueste und Nötigste, was ich weiß.
Gott segne dich! Ich danke dir, daß du mir ein Kreuz gemacht, ich will es
auf meine Schulter nehmen und dem lieben Jesus nachtragen, damit er
nicht so allein trägt, er kann es schon schwer machen, wenn es mir gut ist!
Adieu!2) Clemens Brentano.
201.
Liebe Kinder!
Botzen, den 1. September 1783.
Ich bin jetzt noch an den Grenzen Deutschlands und habe das große
Tirolergebirge beinahe zurückgelegt. Es sind hohe Berge; auf einigen
war viel Schnee, und die sogenannte Pforte oder Klause, durch welche mau