II. Sagen und Legenden.
6. Des kleinen Volkes überfahrt.
Steh auf, steh auf! Es pocht ans Haus —
„Tipp, tipp!“ — Wer mag das sein?
Der alte Fährmann geht hinaus.
„Tipp, tipp!“ — Wer mag das sein?
Nichts sieht er, — halb nur scheint der Mond;
Die Sache deucht ihm ungewohnt. —
Da flüstert es fein:
„O Fährmann mein,
Wir sind ein winzig Völkelein
Und haben Weib und Kindelein.
Fahr über uns, die Müh' ist klein
Und jedes zahlt sein Hellerlein;
Es lärmt zu sehr im Lande,
Wir wollen zum andern Strande.
Unheimlich wird's an diesem Ort,
Es gellt hier zu viel Hammerschlag
Und schießt und trommelt fort und fort,
Die Glocken läuten Tag für Tag!“ —
Der Fährmann steigt in seinen Kahn:
„Ich will euch fahren, kommt heran!
Werft ohne Betrug
Das Geld in den Krug!“ —
O, welchen Lärm vernahm er da,
Obwohl er nichts am Ufer sah;
Er wußte nicht, wie ihm geschah;
Es klang wie fern und war doch nah:
Zehntausend kleine Stimmchen,
Viel kleiner als die Immchen.