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Prärien und ihren Gefahren. Da wurden plötzlich unsere Pferde unruhig und
suchten sich mit Gewalt loszumachen. Unser Führer horchte. „Auf, auf!" ries
er erschrocken, „schnell die Pferde gesattelt! Rettet euer Leben, die Prärie
steht in Flammen!" Da war keine Zeit zu verlieren. Alle sprangen auf, in
einer Minute waren die Pferde gesattelt, in der zweiten jagten wir schon über
die Steppen hin. Wir brauchten die Pferde nicht zu treiben, sie ahnten die
drohende Gefahr und taten von selbst das Äußerste.
Eine Stunde lang jagten wir in rasender Eile fort. Da schlug das ent¬
fernte Gebrüll und Geheul und Geschrei zahlloser Tiere an unser Ohr, die
gleich uns auf der Flucht waren. Immer drückender ward die Luft, ein Flam¬
menmeer leuchtete am Horizont auf und kam von Sekunde zu Sekunde näher.
Unsere Pferde flogen mit der Eile des Sturmwindes dahin, und doch dünkte
es uns in unserer Angst, als ob sie stillständen. Die Luft verdichtet sich noch
mehr, lauter und entsetzlicher tönt das Geheul unserer Verfolger, die vor den
Flammen sich zu retten suchen. Schon sehen wir die ungeheure Menge schwerer
und unbehilflicher Büffel sich auf uns zuwälzen. Sie erscheinen von fern als
ein unermeßlicher Klumpen, Meilen breit, Meilen tief. Noch etwa eine halbe
Stunde sind sie hinter uns, aber die Pferde sind fast erschöpft, wir sind ver¬
loren, in wenigen Minuten werden wir alle zerstampft sein.
In diesem fürchterlichen Augenblick ertönte fest und gebieterisch die
Stimme unseres Führers. Gewöhnt an die Gefahren der Wildnis, schaute er
ihnen entschlossen ins Angesicht. „Herab von den Pferden! Zwei mögen sie
festhalten! Die andern streifen ihre Hemden ab! Schnell!" Unwillkürlich ge¬
horchten alle. Er zündete ein Stück Schwamm auf der Pfanne seines Gewehres
an, und bald loderte aus dürrem Gras, Büffelmist und der Leinwand unserer
Hemden ein mächtiges Feuer empor, das wir emsig schürten und verstärkten.
Näher heran kamen die schrecklichen Tiermassen, schon konnten wir ihre
Hörner, ihre Füße unterscheiden. Unser Feuer aber war im Erlöschen, die
Flammen sanken zusammen; wer hatte Kraft und Besinnung, sie zu nähren? —
Wie glänzen die Augen der rasenden Büffel! wie trieft ihnen der Schaum vom
Rücken! Werden sie ausbiegen vor unserem Feuer? Teilt sich die fürchterliche
Masse? Nein, nein! Immer näher sausen sie heran, es ist keine Rettung, wir
müssen zermalmt werden.
Da ertönt ein mächtiger Knall, aus dein Feuer schießt eine rotblaue
Flamme auf. Was ist das? Im Augenblicke der höchsten Gefahr hatte unser
Führer eine Flasche mit Branntwein ins Feuer geworfen; jetzt beobachtete
er mit klarem Blick die Wirkung der Explosion. Die Büffel prallten zur Seite
vor den Blitzen der aufschießenden Flammen, und Hunderte wurden in dem
jähen Ruck dieser Bewegung zerquetscht. Rings um uns sahen wir nur die
zottigen Mähnen der Ungeheuer, eine unendliche, unentwirrbare Masse; nur
da, wo wir in Todesangst kauerten, hatte sich auf kurze Zeit der riesige Klum¬
pen gespalten, um unserm Feuer auszuweichen.
Aber wird diese Spalte offen bleiben? Wird sie sich schließen? Das Leben