Full text: Poesie für das Seminar (Teil 3, [Schülerband])

III. Neuhochdeutsche Dichtung. J). Das 19. Jahrh. b. Nachwirkungen d. klass. Zeit. 197 
Kein Atem sich in dreißigtausend Kriegern; 
Und Helden, die den Tod mit Lachen sehen, 
Sie konnten nicht vor seinem Auge stehen, 
Wenn zürnend er entgegentrat den Siegern! — 
So taucht' er aus wie blut'ge Himmelslichter, 
Des eignen Glückes Schöpfer und Vernichter! 
6. „Ein Sohn der Waffen, fern im Reich geboren, 
Trat plötzlich aus dem Dunkel seiner Wiege 
Er in des Kaiserhoses hohe Hallen; 
Sein Anrecht war sein Schwert und seine Siege, 
Die Fahne saßt er, die den Ruhm verloren, 
Daß, flatternd vom erstürmten Feindeswalle, 
Bei seines Namens Schalle 
Er Glanz ihr leihe von den eignen Strahlen! 
Ein Heer ersteht, sobald sein Ruf erklinget, 
Und mit gewalt'gem Sturmesschritte dringet 
Er aus den herdenreichen Moldantalen, 
Von der Sudeten schneebedeckten Zinnen 
Bis fern zum Belt, wo salz'ge Wogen rinnen! — 
7. „Monarchen sieht man sich dem Wappen neigen 
Aus seinem Schilde, der sonst unbeachtet 
Und ungekannt gehangen an den Wänden; 
Bon Fürsten wird nach seiner Gunst getrachtet, 
Es knirscht der Neid, doch machtlos muß er schweigen, 
Indes der Herrscher ungemess'ne Spenden 
Mit immer offnen Händen 
Auf diesen herrengleichen Diener häufet. 
Ter Herzogmantel selbst kann ihm nicht g'nügen, 
Ihm, der zum Hohen möcht' das Höchste fügen 
Und keck nach einer Königskrone greifet: 
Doch wie die Hand er ausstreckt, sie zu fassen, 
Muß Leben er zugleich und Krone lassen! 
8. „Den Blick erhoben in die Himmelsfernen, 
Prüfst du der Zeichen Bahnen und Aspekte 
Und spähst, wie dein siderisch Haus gestaltet, 
Tor, dem die nächste Stunde sich verdeckte! 
Was willst du lesen in den Lügensternen? 
Die Hand, die über Menschenschicksal waltet, 
Sie hat noch nie entfaltet 
Die Schleier, die das künft'ge Lös verbergen; 
Wir sehn es nur, wenn es sich hat vollendet. — 
Blick' hinter dich! den Stahl nach dir gewendet, 
Siehst du ihn stehn, den mordgednngnen Schergen, 
Der in die Brust dir schlägt die Todeswunde? 
Kein Stern, du Träumer, gab davon dir Kunde. 
9. „So sank er hin, des Ruhmes stolzer Erbe, 
Er, den, gefeit, kein Eisen kann verwunden
	        
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