Full text: Prosa für Präparandenanstalten (Teil 1, [Schülerband])

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Reichen in ein prachtvolles goldenes Schloss; darin war alles so. 
wie jener es sich gewünscht hatte. Nachdem er ihm alles gezeigt 
hatte, ging er fort und schob vor das Tor des Schlosses einen 
grossen eisernen Riegel. Der Reiche aber zog sich den grünseide— 
nen Schlafrock an, setzte sich in den Grossvaterstuhl, als unde 
trank und liess es sich gut gehen, und wenn er satt war, las 
er das Tageblättchen. Und jeden Tag einmal stieg er hinab in den 
Keller und besah sein Geld. — — 
Und zwanzig und fünfzig Jahre vergingen und wieder fünfzig, 
so dals es hundert waren — und das ist doch nur eine Spanne 
von der Ewigkeit —, da hatte der reiche Mann sein prächtiges 
goldenes Schloss schon so überdrüssig, dals er es kaum mehr aus— 
halten konnte. „Der Kalbsbraten und die Bratwürste werdenes 
auch immer schlechter,“ sagte er, „gie sind gar nicht mehr zu 
geniessen!“ Aber es war nicht wahr, sondern er hatte sie nur 
satt. Und das Tageblättchen lese ich schon lange nicht mehr,“ 
fuhr er fort; „es ist mir ganz gleichgültig, was da unten auf der 
Erde sich zuträgt. Ich kenne ja keinen einzigen Menschen mehr. 10 
Meine Bekannten sind schon längst alle gesftorben. Die Menschen, 
die jetzt leben müssen, machen so närrische Streiche und 
schwatzen so sonderbares Zeug, dals einem schwindlig wird, wenn 
man's liesst.“ Darauf schwieg er und gähnte, denn es war sehr 
langweilig; und nach einer Weile sagte er wieder: „Mit meinem i6 
vielen Gelde weils ich auch nichts anzufangen. Wozu hab' ich's 
eigentlich? Man kann sich hier doch nichts kaufen. Wie ein 
Mensch nur so dumm sein kann und sich Geld im Himmel wün— 
schen!“ Dann stand er auf, öffnete das Fenster und sah hinaus. 
Aber obschon es in dem Schlosse überall hell war, so war 20 
es doch draussen stockdunkel; stockdunkel, so dals man die Hand 
vorm Auge nicht sehen konnte, stockdunkel Tag und Nacht, jahr- 
aus, jahrein und so still wie auf dem Kirchhofe. Da schlols er 
das Fenster wieder und setzte sich aufs neue auf seinen Grols- 
vaterstuhl; und jeden Tag stand er ein- oder zweimal auf und sah 2 
wieder hinaus. Aber es war noch immer so. Und immer früh 
Schokolade und mittags einen Tag um den andern Kalbsbraten 
mit Apfelmus und NMilchreis mit Bratwürsten und nachher rote 
Grütze; immerzu, immerzu, einen Tag wie den andern. — 
2.
	        
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