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Außer den Gebrüder Schlegel, Freiherr von Hardenberg, Tieck, von
Eichendorff, von Chamifso zählt auch der schwäbische Dichter Friedrich Hölderlin
(1770—1843) zu den Romantikern, ja man kann ihn als den ersten deutschen
romantischen Dichter ansehen.
20. Die Sänger der Befreiungskriege.
Zu den Siegen, welche das deutsche Volk in den Jahren 1813—1815 im
blutigen Ringen mit Frankreich gewonnen, haben die Dichter nicht wenig beigetragen,
die damals in feurigen Liedern die heilige Sache des Vaterlandes verteidigten und
zur Abschüttelung des fremden Joches freimütig aufforderten. So viel Vortreffliches
auch die neuere patriotische Dichtung geliefert hat, so sind doch die Lieder des ersten
Freiheitskampfes nach ihrem poetischen Werte weit bedeutsamer. Die jenen großen Tagen
vorausgegangene Zeit der Erniedrigung des deutschen Volkes gab den Gesängen eine
Frische und Innigkeit, durch welche sie noch heut jedes empfängliche Gemüt in Be¬
geisterung versetzen. Kaum einer der Dichter jener ewig denkwürdigen Zeit blieb
stumm in dem allgemeinen Ruf nach Befreiung; am lautesten aber sangen vier:
Ernst Moritz Arndt, Theodor Körner, Max v. Schenkendors und Friedrich
Rückert.
1. Ernst Moritz Arndt (1769—1860).
Er wurde 1769 zu Schoritz auf der Insel
Rügen geboren und studierte in Greifswald und
Jena Philosophie und Theologie. Nachdem er zwei
Jahre im elterlichen Hause verweilt hatte, bereiste
er während 1 */2 Jahren Schweden, Deutschland,
Österreich, Ungarn, die Schweiz, Italien und Frank¬
reich; nach seiner Rückkehr wurde er 1806 Professor
der Geschichte in Greifswald. Seinem Zorne und
Haffe gegen die Franzosen und insbesondere gegen
Napoleon machte er in seiner Schrift: „Geist der
Zeit" Luft, zog sich aber dadurch auch den hef¬
tigsten Zorn Napoleons zu, so daß er nach der
Schlacht bei Jena nach Schweden flüchten mußte.
1810 kehrte er unter dem Namen eines „Sprach-
meisters Allmann" nach Deutschland zurück und trat
in seine Stelle zu Greifswald wieder ein. 1812 ging er nach Breslau, wo er mit
Blücher, Scharnhorst und Gneisenau zusammentraf, und von da nach Rußland, wo
er den Minister Stein kennen lernte. 1813 kehrte er wieder in sein Vaterland zurück
und weihte nun seine ganze Kraft dem deutschen Befreiungskämpfe. In zahlreichen
Flugschriften sowie in seinen kräftigen Kriegs- und Vaterlandsliedern suchte er den
Sinn für des Vaterlandes Größe und Unabhängigkeit zu entflammen. Im Jahre
1818 wurde er zum Professor an der neuerrichteten Universität zu Bonn ernannt,
mußte 1820 aber seine Tätigkeit als solcher einstellen. Bis zum Jahre 1840 lebte
Arndt in dieser unfreiwilligen Zurückgezogenheit in seinem am Rheine gelegenen
Hause. Friedrich Wilhelm IV. entschädigte ihn für das erlittene Unrecht dadurch, daß
er ihn nach seiner Thronbesteigung ehrenvoll wieder in sein Amt einsetzte. 1848 trat
Arndt als Mitglied des Parlamentes in Frankfurt auf, und am 29. Januar 1860
starb er zu Bonn.
Arndt hat mit seiner husarenarügen Natur mit dem Trommelschlag seiner
Lieder unter allen Dichtern der Befreiungskriege den unmittelbar größten Einfluß