Full text: Prosa aus Religion, Wissenschaft und Kunst (Band 2, [Schülerband])

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an die Lehre von den Existenzbedingungen der Tiere oder Ökologie, vielfach auch die 
Biologie genannt. Diese Disziplin hat besonders in der Neuzeit eine hervorragende 
Bedeutung gewonnen. Wie sich die Tiere über den Erdball verbreiten, wie Klima und 
Bodenbeschaffenheit ihre Verbreitung beeinflussen, wie durch die genannten Faktoren Bau 
und Lebensweise der Tiere verändert werden, das sind Fragen, welche jetzt mehr denn 
je erörtert werden. 
Schließlich gehört in das Gebiet der Zoologie auch die Paläozoologie oder die 
Paläontologie, die Lehre von den ausgestorbenen Tieren. Denn zwischen ausgestorbenen 
und lebenden Tieren besteht ein genetischer Zusammenhang; jene sind die Vorläufer von 
diesen und ihre Versteinerungen die sichersten Dokumente der Geschichte der Tierwelt, 
der Stammesgeschichte oder der Phylogenie. Wie in menschlichen Dingen der derzeitige 
Zustand sich nur historisch vollkommen begreifen läßt, so muß auch vielfach der Zoologe 
zur Erklärung der lebenden Tierwelt die Resultate der Paläontologie heranziehen. 
In der hier erläuterten Weise würde die Zoologie zu umgrenzen sein, wenn man 
sich ausschließlich von wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus leiten lassen wollte. Praktische 
Rücksichtnahmen haben jedoch manche Modifikationen nötig gemacht. Wegen ihrer hervor¬ 
ragenden Bedeutung für die Medizin haben sich menschliche Anatomie und Entwicklungs¬ 
geschichte zu selbständigen Wissenszweigen ausgebildet. Von einer Tierphysiologie sind 
nur die allgemeinsten Grundzüge entworfen; eine spezielle Physiologie existiert nur für 
den Menschen und die ihm nahestehenden Wirbeltiere; sie ist aus den genannten Gründen 
ebenfalls zu einer besonderen Disziplin geworden. Auch die Paläontologie besitzt neben 
ihren spezifisch zoologischen Aufgaben die Bedeutung einer Hilfswissenschaft für die 
Geologie, indem sie die Materialien zur Charakteristik und Abgrenzung der einzelnen 
Erdperioden und der den Perioden entsprechenden Erdschichten liefert. Wenn man daher 
jetzt von Zoologie spricht, so hat man vorwiegend Morphologie und Systematik der 
lebenden Tiere mit Berücksichtigung ihrer allgemeinen Lebenserscheinungen im Sinne. 
60. Physikalische und chemische Vorgänge in der Pflanze. 
Ferdinand Cohn, 
Die Pflanze 2. Bd. 1. Breslau 1896. S. 47 ff. 
Die moderne Naturwissenschaft, indem sie die Ideen des alten Demokritos mit 
reicherem Gehalt erfüllt, faßt alle Veränderungen der Körperwelt als Bewegungen auf, 
sei es der kleinsten unsichtbaren Teilchen, der Atome und Moleküle, sei es der aus Atomen 
und Molekülen zusammen gesetzten sichtbaren Körpermassen. Soweit es sich in der lebendigen 
Pflanze um Bewegung der Atome, um die Gesetze ihrer Anziehung und Abstoßung, um 
ihre Verbindung zu Molekülen und deren Spaltung und Umlagerung, soweit es sich mit 
einem Worte um chemische Prozesse in der Pflanze handelt, können wir mit Genugtuung 
aussprechen, daß die Frage vom Leben ihre exakte Lösung bereits gefunden hat. Die 
Bahn, welche vor einem Jahrhundert die Schöpfer der modernen Chemie, die zugleich 
die Begründer der chemischen Pflanzenphysiologie waren, gebrochen, hat, ausdauernd und 
unverrückt weiter verfolgt, wirklich zum Ziele geführt. Ernährung und Atmung, Stoff¬ 
produktion und Stoffwechsel gehen in den lebenden Pflanzen nach den nämlichen Gesetzen, 
in denselben stöchiometrischen Verhältnissen vor sich, welche die Chemie zunächst an den 
einfacheren Verbindungen der anorganischen Natur ermittelt hatte. Die Pflanzen sind 
in der Tat nur chemische Fabriken, welche in den Laboratorien ihrer Zellen die Rohstoffe
	        
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