Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

888 
getrieben war. Und hätte nicht Napoleon selbst von seiner Windmühle aus die Not bemerkt und 
Garden über Garden geschickt, so wäre der Marschall wohl gar verloren gewesen, und Leipzig schon 
an diesem Tage mit Sturm erobert worden. Auf diesem Teile des Schlachtfeldes ging es nämlich 
so zu. Frühmorgens am 18*™ hatte Feldherr Blücher mit dem Kronprinzen von Schweden eine 
& Unterredung zu Breitenfeld, wie sie den entscheidenden Kampf am besten ordneten. Der Kronprinz 
der seine Schweden gern schonen wollte, verlangte, daß ihm von dem schlesischen Heere 30000 
Mann an diesem Tage geliehen würden, wenn er über die Parthe gehen und den Ney herzhau 
angreifen sollte. „Wohl!" sprach der alte Held, „aber ich will sie selbst anführen, denn es ist 
größere Hälfte meines Heeres, das bei Möckern soeben den blutigen Strauß bestanden hat." Da? 
io war edel von dem Greise und recht deutsch gedacht, daß er sich selbst unter den Befehl des viel 
jüngeren Mannes stellte für das Gelingen der Sache. Und sogleich legte er auch Hand an das 
Werk. Der Kronprinz wollte das ganze nun vereinigte Heer von 100000 Mann auf einem 
weiten Umwege bei Taucha über die Parthe setzen lasten, um an den Feind zu kommen. Blüchs* 
aber berechnete, daß der Übergang von sovielen Tausenden über eine Brücke bis in die SW 
i5 dauern, und der kostbare Tag verloren sem würde. Da faßte er rasch seinen Entschluß und ßi"0 
mit den unverzagten Rüsten gleich bei Mockau, viel näher bei Leipzig, durchs Master, obwohl 
das Fußvolk bis an den Gürtel hineinfiel, und meldete dann dem Kronprinzen, er sei schon hm' 
über und warte seiner weiteren Befehle. Die Franzosen unter Marmont zogen sich eilig geö^ 
Schönfeld zurück, und als sie von den Reitern verfolgt wurden, trat das sächsische Husaren- um 
so Ulanen-Regiment über. Das war das erste Wahrzeichen an diesem Tage, daß nun die deutsche 
Sache in den Gemütern jede andere Stimme besiegte. Auch das Nordheer traf auf den PortM 
Höhen einige sächsische und Württembergische Hausen, welche den heranrückenden Brüdern 11111 
freudigem Zuruf entgegengingen und die Hand zum neuen Bunde reichten. Nun drang 
Nordheer von Taucha her weiter vor und füllte den Raum zwischen Blücher rechts und Bennigst" 
22 links, so daß der Ring von dieser Seite geschlosten war. Er zog sich immer enger und blutig^ 
um die Franzosen zusammen. Langeron mit den Rüsten bestürmte Schönseld, welches dicht a" 
der Parthe liegt und von Marmont hartnäckig verteidigt wurde. Vier Stunden währte der 
Kampf, und immer neue Haufen traten von beiden Seiten auf den Platz; endlich zwischen 5 und v 
Uhr abends, als schon Dorf und Kirche brannten, verließen es die Franzosen und zogen sich ^ 
so Reudnitz und Volkmarsdorf, hart an den Toren von Leipzig, zurück. Ney und Reynier, die da? 
freie Feld über Paunsdorf hinaus behaupten sollten, wurden am Nachmittage von dem Nordhe^ 
gleichfalls angegriffen und durch die Preußen unter Bülow aus Paunsdorf herausgeschlagn 
Und als sie sich noch im freien Felde behaupten wollten, da machte sich die treffliche Reiterei der 
Rüsten und Preußen, die an diesem Tage sonst wenig tun konnte, da fast nur in den Dörfer" 
rs gestritten wurde, gegen sie auf, und das Geschütz warf die kongrevischen Raketen in ihre Vierecke 
Diese fürchterlichen Feuerdrachen fuhren zischend und heulend in die dichten Haufen der Reit^ 
oder des Fußvolkes und spieen aus vielen Röhren ein so verzehrendes, nicht zu löschendes Fe"^ 
rundumher aus, daß Menschen und Pferde erschrocken vor ihnen auseinanderstoben. Da h"" 
kein Widerstehen und Halten der Befehlshaber, auch nicht, daß Napoleon Teile seiner Gar^ 
*° zu Hilfe schickte; die Reihen lösten sich, auch die anderen Dörfer in der Nähe gingen verloren, u" 
erst in Volkmarsdorf wurde wieder ein Halt gewonnen. 
Auf diesen Feldern und in diesen Stunden war es, da die sächsischen Kriegshaufen, die bl 
dahin nach dem Willen ihres Königs geduldig für Napoleon gekämpft hatten, ihr Blut nim 
länger für denjenigen vergießen wollten, der durch seinen unsinnigen Trotz nun gar zu klar an de" 
ts Tag legte, daß er nur Freude an Mord und Zerstörung habe. In geschloffenen Reihen, mit flieget 
den Fahnen und klingendem Spiel, die Anführer an ihrer Spitze, zogen sie im Angesichte de 
Franzosen zu den Verbündeten hinüber. Es war ein herzerfrischender Anblick, wie die, 
längst in ihrem Herzen Freunde waren, nun zueinandertraten, sich die Rechte reichten und briidM' 
lich schüttelten, und wie den benarbten Kriegern die Freudentränen über die Backen rannen. 
5» Napoleon, in Bestürzung über diese Nachricht, schickte sofort seine Gurdereiter unter Ram 
souty, die gefährliche Lücke zu füllen, und dieser, mit schneller Wendung und vielem Geschütz, bE 
plötzlich hervor und will dem siegreichen Bülow noch dazu in die offene Flanke fallen. Aber ^
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.