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unsersgleichen in den andern Elementen, wir zerstieben und vergehen
mit Geist und Leib, daß keine Spur von uns zurückbleibt, und wenn
ihr andern dermaleinst zu einem reineren Leben erwacht, sind wir
geblieben, wo Sand und Funk' und Wind und Welle blieb. Darum
haben wir auch keine Seelen, das Element bewegt uns, gehorcht uns oft,
solange wir leben — zerstäubt uns immer, sobald wir sterben, und wir
sind lustig, ohne uns irgend zu grämen, wie es die Nachtigallen und
Goldfischlein und andre hübsche Kinder der Natur ja gleichfalls sind.
Aber alles will höher, als es steht. So wollte mein Vater, der ein mäch¬
tiger Wasserfürst im Mittelländischen Meere ist, seine einzige Tochter
solle einer Seele teilhaftig werden, und müsse sie darüber auch viele Lei¬
den der beseelten Leute bestehn. Eine Seele aber kann unsersgleichen
nur durch den innigsten Verein mit einem eures Geschlechtes gewinnen.
Nun bin ich beseelt, dir dank' ich die Seele. Und willst du mich ver¬
stoßen, so thu es nun, so geh allein zurück. Ich tauche mich in diesen
Bach, der mein Oheim ist und hier im Walde sein wunderliches Ein¬
siedlerleben, von den übrigen Freunden entfernet, führt. Er ist aber
mächtig und vielen großen Strömen wert und teuer; und wie er mich
herführte zu den Fischern, mich leichtes und lachendes Kind, wird er
mich auch wieder heimführen zu den Eltern, mich beseelte, liebende,
leidende Frau.“
Sie wollte noch mehr sagen, aber Huldbrand schwur, sein holdes
Weib niemals zu verlassen. Im süßen Vertrauen wandelte Undine an
seinem Arme nach der Hütte zurück und empfand nun erst von ganzem
Herzen, wie wenig sie die verlassenen Krystallpaläste ihres wundersamen
Vaters bedauern dürfe.
VIII.
Eine Seele und doch kein Herz.
Der junge Ritter Huldbrand von Ringstetten kehrte nach wenigen
Tagen mit Undine in die Reichsstadt zurück, um Bertalda den ver¬
sprochenen Bericht über den sagenhaften Wald abzustatten. Auch Un¬
dine lernte nun Bertalda kennen und gewann das anmutige Mädchen
mit jedem Tage lieber.
„Wir müssen uns einander schon eher gekannt haben,“ pflegte sie
ihr öfters zu sagen, „oder es muß sonst irgend eine wundersame Be¬
ziehung unter uns geben, denn so ganz ohne Ursach’, versteht mich,
ohne tiefe, geheime Ursach’ gewinnt man ein andres nicht so lieb, als