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(Erster Teil. In Haus und Hof.
an der Herrschaft, die dies dennoch täte, mit einer Geldstrafe bis zu
20 Mark geahndet werden.
Die Invalidenversicherung gewährte im Jahre 1908 an Renten,
Heilverfahren und Beitragserstattungen über 180 Millionen Mark.
5. Rach den obenerwähnten Bestimmungen ist heute in Deutsch¬
land etwa jeder fünfte Volksgenosse gegen Brankheit versichert,
jeder dritte gegen Unfall, jeder vierte gegen Invalidität. Zeit Ein¬
führung der Gesetze bis Ende des Jahres l908 haben rund 88 Mil¬
lionen Personen (Erkrankte, Unfallverletzte, Erwerbsunfähige, Greise
und deren Ungehörige) 7 Milliarden Mark an Entschädigungen er¬
halten- di-e Empfänger der Entschädigungen haben dabei nur die kleinere
Hälfte an Beiträgen aufgebracht. Weit über anderthalb Millionen
Mark werden täglich in Deutschland für diese Zweige sozialer Für¬
sorge gezahlt. Doch ist damit das staatliche Fürsorgewerk nicht ab¬
geschlossen. Abgesehen davon, daß die bestehenden Gesetze weiter aus¬
gebaut und vereinfacht, sowie auf einen immer größeren Breis von
Personen ausgedehnt werden sollen, wird zunächst die Einführung
einer Witwen- und Waisenversicherung erwogen. In diesem Zinne
lautete auch die Botschaft unseres Baisers, der am 26. Jahrestag der
Baiserbotschaft vom 17. November 1881 (nämlich am 17. November
19Qj6) in einem Erlaß folgendes kundgab:
„Der heutige Tag, an welchem vor 25 Jahren der in Gott
ruhende Baiser und Bönig Wilhelm der Große Zeine unvergeßliche
Botschaft erließ, gibt Mir willkommenen Unlaß, mit dem deutschen
Volke in ehrfurchtsvoller Dankbarkeit dieses Friedenswerkes zu ge¬
denken, durch welches Mein erlauchter Uhnherr zum Schutze der
wirtschaftlich Schwachen der Gesetzgebung neue Bahnen wies.
Nach Seinem erhabenen Willen ist es unter freudiger Zu¬
stimmung der verbündeten Regierungen und der verständnisvollen
Mitwirkung des Reichstags gelungen, den schwierigen und weit¬
verzweigten Uusbau der staatlichen Urbeiterfürsorge auf dem Ge¬
biete der Branken-, Unfall- und Invalidenversicherung so zu fördern,
daß die hilfsbedürftigen in den Tagen der Not einen Rechtsanspruch
auf gesetzlich geregelte Bezüge besitzen. Die Urbeiter haben damit,
dank den umfassenden Leistungen des Reichs und ihrer Urbeitgeber
wie auf Grund ihrer eignen Beiträge eine erhöhte Sicherheit für
ihren notwendigen Lebensunterhalt und für den Bestand ihrer
Familien erreicht. Die großen und werbenden Gedanken der Baiser¬
lichen Botschaft haben diesen Erfolg aber nicht nur in unserem
eignen Vaterland gezeitigt, sondern wirken auch weit über dessen
Grenzen hinaus vorbildlich und bahnbrechend. Es ist Mein fester
Wille, daß die Gesetzgebung auf dem Gebiete der sozialpolitischen
Fürsorge nicht ruhe und in Erfüllung der vornehmsten Christen¬
pflicht auf den Schutz und das Wohl der Schwachen und Bedürftigen
fortgesetzt bedacht sei."
Hermann Gehrig, teilweise nach Diese, Deutsche Bürgerkunde,
Geheimrat Zacher, Leitfaden zur Arbeiterversicherung und Reichs-Arbeitsblatt.