Full text: Deutsche Geschichte vom Beginn der Neuzeit bis zur Thronbesteigung Friedrichs des Großen (Teil 2)

214 Siebter Zeitraum. Vom Westfäl. Frieden b. z. Thronbesteigung Friedrichs d. Gr. 
die in Deutschland fast noch unbekannten Kartoffeln gebaut. Auch 
der Anbau des Tabaks fand an ihm einen eifrigen Gönners 
Die Industrie, welche namentlich in der Mark Brandenburg noch 
auf einer sehr niedrigen Stufe staud, suchte er mit ähnlichen Mitteln zu 
heben wie Ludwig XIV. (vgl. S. 206). Sehr förderlich wirkte auf den 
Gewerbefleiß die Aufnahme von etwa 14 000 Hugenotten, von denen 
ungefähr die Hälfte in Berlin angesiedelt wurde. Sie brachten eine 
Menge neuer Industriezweige mit, wie die Herstellung von Gold- 
und Silberarbeiten, Seiden- und Glaswaren. 
Dem Handel und Verkehr eröffnete der Kurfürst neue Bahnen. 
Berlin sollte der Handelsmittelpunkt der Mark Brandenburg, ja des ganzen 
nordöstlichen Deutschlands werden. Diesem Zwecke diente u. a. der nach 
ihm benannte Friedrich-Wilhelms-Kanal zwischen Oder und Spree, 
welcher vor allem eine Wasserstraße zwischen Berlin und Breslau herstellte. 
Eine regelmäßige Verbindung zwischen allen Landesteilen der Monarchie 
wurde durch die kurfürstlich-brandenburgische Reitpost geschaffen. Sie 
war eine reine Staatsanstalt, unabhängig von der im Reiche bestehenden 
Post der Grafen von Thum und Taxis (S. 176), und ging in zehn 
Tagen von Kleve über Magdeburg und Berlin nach Königsberg, wo sie 
Anschluß nach Memel und den polnischen Städten Warschau und Danzig 
hatte. Aus ihr hat sich die Königlich preußische und dann die Kaiserlich 
deutsche Post entwickelt. — Sogar am Welthandel suchte der Kurfürst 
seinem Lande Anteil zu verschaffen. Auf feine Anregung entstand nach 
holländischem Vorbilde die Afrikanische Handelsgesellschaft, welche mit den 
Negern an der Goldküste und am unteren Senegal Verbindungen 
anknüpfte. Zum Schutze des kühnen Unternehmens gegen die Angriffe 
einheimischer Stämme und der eifersüchtigen Holländer wurden branden- 
burgische Kriegsschiffe und Truppen entsandt. An ihrer Spitze stand der 
feurige Major Friedrich von der Gröben. Dieser legte unweit des 
nunmehr (seit 1884) deutschen Gebietes von Togo die Feste Groß. 
Friedrichsburg an und stellte die umwohnenden Negerstämme unter 
brandenburgischen Schutz (1683). 
Die junge Kolonie verschlang so große Summen für Festungsanlagen 
und Besatzungen, daß der erhoffte Gewinn ausblieb. Auch fehlte es bei den 
ärmlichen Verhältnissen der damaligen Zeit den Kaufleuten an Geld und 
Unternehmungslust, um trotz anfänglicher Mißerfolge auszuharren. So 
ging das ganze Werk immer mehr zurück, bis schließlich der sparsame König 
Friedrich Wilhelm I. die afrikanischen Besitzungen an die Holländer verkaufte. 
i Die Sitte des Rauchens wurde während des Dreißigjährigen Krieges 
durch ausländische Soldaten bei uns eingebürgert.
	        
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