Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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große Tapferkeit aus. Im fünfundzwanzigsten Jahre kam er in das Haus 
der reichen Wittwe Chadidscha, die ebenfalls aus dem Stamme Koreisch 
war. In ihrem Geschäfte machte er viele Handelsreisen und aus Dank-- 
barkeit gab sie ihm ihre Hand, wodurch er ein reicher Kaufmann wurde. 
2. 
Seine Handelsreisen und der große Verkehr auf dem Markte und in 
der Kaaba zu Mekka hatten ihn mit Juden und Christen in Verkehr ge¬ 
bracht, seinen Blick geschärft, besonders ihn auch mit den Bedürfnissen 
seines Vaterlandes bekannt gemacht. Er hatte den Verfall der Religion 
bei den Juden gesehen, die Glaubensstreitigkeiten bei den Christen kennen 
gelernt, und konnte sich weder mit dem Judenthnm, noch mit dem Christen¬ 
thum befreunden. In seinem Lande herrschte aber viel Aberglauben, 
dazu war sein Volk in zahllose, feindlich sich bekämpfende Stämme zer¬ 
spalten, die seine beste Kraft selber zerstörten. Arabien bedurfte auch eines 
Erretters und Erlösers, und wenn Muhamed in einsamen Stunden darüber 
nachdachte, so mochte ihm wohl eine innere Stimme sagen, daß er dazu 
berufen sei, die Araber mit neuer Kraft zu beseelen. 
In seinem vierzigsten Jahre erschien ihm, wie erzählt wird, „die Nackt 
der Rathschlüsse Gottes", oder, wie er selbst im Koran sie nannte, „die 
gesegnete Nacht." Als er nämlich in der Höhle Harra rnhete, trat vor 
ihn ein Engel und sprach also: „Muhamed, du bist der Prophet Gottes 
und ich bin Gabriel!" Er erzählte dies seiner Frau; sie glaubte ihm und 
schwur bei demjenigen, der ihre Seele in den Händen habe, Muhamed sei 
ein Prophet. Hierauf glaubte ihr Vater, dann Ali, der neunjährige Sohn 
Abu Taleb's, dann der hochgeehrte Abu-Bekr, der getreue Zeuge 
und Nachfolger des Propheten, und sein Sklave Zeid, den er deshalb 
frei gab. 
3. 
Drei Jahre wirkte er in der Stille und gewann etwa vierzehn Per¬ 
sonen. Im vierten Jahre aber beschloß er, öffentlich als Prophet auf¬ 
zutreten. Eine neue Offenbarung erweckte ihn dazu. Er lud vierzig Per¬ 
sonen aus seinem Stamme zu einem Gastmahle, und als sie Brod und 
Lammfleisch gegessen und Milch getrunken hatten, sprach er: „Niemand 
kann euch etwas Vortrefflicheres anbieten, als ich, denn ich bringe euch 
die Güter des jetzigen und des zukünftigen Lebens. Gott will, daß ich 
euch zu ihm rufe. Wer von euch will mein Vezier (Gehülfe) sein? Wer 
von euch will einen Theil der Bürde auf sich nehmen? Wer von euch will 
mein Bruder, mein Freund, mein Verweser sein?" — Sie scheueten sich 
zu antworten. Nur der jüngste und unansehnlichste von ihnen, Ali, der 
«Lohn Abu Taleb's, sprang auf und rief: „Ich, o Prophet, ich will dein 
Verweser sein!" Muhamed umarmte den Ali und gebot den Uebrigen, ihm 
Gehorsam zu leisten. Allein sie lachten und sagten höhnisch zum Abu 
Taleb, er werde nun seinem eigenen Sohne gehorchen müssen.
	        
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