—2
296
Dritter Teil. Unser Vaterland.
im Volke der Sachsen etwa ungetauft sich verbergen will, soll er mit
dem Tode bestraft werden. Wer einen Menschen dem Teufel“) opfert
und ihn nach heidnischem Brauche den Dämonen**) zum Opfer dar—
bringt, soll mit dem Tode bestraft werden. Wer die Tochter seines
herrn raubt, soll des Todes schuldig sein. Wer seinen herrn oder
seine Herrin tötet, soll in gleicher Weise bestraäft werden. Alle
Kinder sollen vor Ablauf des Jahres getauft werden. Wenn jemand
eine verbotene oder unerlaubte Ehe eingegangen ist, auch wenn jemand
bei den Quellen, Bäumen oder Hhainen betet oder bei denselben nach
heidnischem Brauche opfert oder den heidnischen Göttern zu Ehren
ein Mahl hält, soll er, wenn er adlig ist, 60 Solidi***), wenn er ein
Freier 30, und wenn er ein Höriger ist, 15 Solidi zahlen. Wir
befehlen, daß die Körper christlicher Sachsen zu den Kirchhöfen ge—
bracht werden und nicht zu den heidnischen Begräbnisstätten.
Die Gaugenossen, die zu einer Kirche gehören, follen dieser Kirche
einen hof und zwei Morgen Landes geben, und auf je 120 Menschen,
Adlige, Freie und hörige, sollen sie der Kirche einen Knecht und eine
Magd zuteilen. Auch darüber ist man übereingekommen, daß von
allen Abgaben, die dem Könige zukommen, der zehnte Teil an
die Kirchen und Priester gegeben werden soll.
2. Nach dem Kriege machte Karl der Große aus den Missions—
stätten, die er schon während der Kampfesjahre eingerichtet hatte,
Bischofssitze. So entstanden die Bistümer Osnabrück, Münster, Pader—
born, Minden, Verden, Bremen, Elze-Hildesheim und Halberstadt.
Die Grenzen der Bistümer schlosfen sich eng an die bestehende Gau—
einteilung, so daß Gau- und Diözesangrenzen fast ausnahmslos zu—
sammenfallen. Unsere heutige Provinzialgrenze ist in großen Teilen
ihres Verlaufs auf jene alten Srenzlinien zurückzuführen. Von den
Bistümern aus wurden Kirchen und Klöster gegründet. Das erste
und bedeutendste altsächsische Kloster wurde die Benediklinen;
Abtei Corveyn an der Weser. Es wurde der hauptsitz christ—
licher Gesittung und Wissenschaft in Sachsen. Von da gingen Moͤnche
aus in alle Teile des Landes, lehrten und predigten und suchten
die harten herzen des Sachsenvolkes für die milde Lehre des Hheilandes
zu gewinnen. Von Corvey aus hat auch Ansgarius, der Apostel des
Nordens, sein Werk der Bekehrung bei Dänen und Schweden unter—
nommen. hamburg wurde der Sitz seines nordischen Bistums, und
Ramelsloh und Bassum im Stadeschen die Klostergründungen, die
noch heute von ihm erzählen. Dem gegebenen Vorbilde folgten
allmählich viele sächsische Große, und so entstand, mit Gandersheim
beginnend, eine ganze Reihe von Benediktinerklöstern für Mönche
und für Nonnen in allen Teilen des Sachsenlandes.
3. Welche Kämpfe der einzelne durchzumachen hatte, ehe er mit
ganzem herzen dem Christentume anhing, das schildert uns der Dichter
Weber in seinem großen epischen Gedicht „Dreizehnlinden“, defsen
*) Wodan.
**) heidnische Götter.
*x*x) schilling