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„Wo ist denn ihre Heimat, Mutter?“
„Ich weiß es nicht. Sie ist wohl weit von hier, in Polen oder
Rußland.“
„Und warum haben sie ihre Heimat verlassen, Mutter?“
„Weil sie dort nicht leben können. Weil ihre Kornfelder kein
zutes Korn mehr tragen, und weil sie ihre Kühe und Pferde geschlachtet
haben zur Zeit der Hungersnot.“
„Und was wollen sie drüben tun, Mutter?“
„Sie wollen Land suchen, wo die Kornfelder gutes Korn tragen,
und wo sie besser leben können.“
Die Auswanderer sahen uns an, als ob sie mit uns sprechen
wollten. Sie sagten auch ein paar Worte, aber wir konnten sie nicht
verstehen. Wir hatten gerade Äpfel gekauft. Mutter hatte einen Korb
voll am Arm.
„Können wir nicht den kleinen Auswandererkindern ein paar
Äpfel geben, Mutter?“ sagte ich.
Mutter erlaubte es mir. Es waren sechs Kinder da. Ich gab
jedem Kinde einen Apfel. Da wurden sie ganz lustig, und die Frauen
auch. Sogar der alte Mann mit dem langen grauen Bart lachte ein
bißchen. Eine Frau zeigte uns ihr kleines Kind ganz nahebei. Es
wachte gerade auf. Es hatte große, schwarze Augen. Seine kleinen
Füße waren rot und ganz nackt. Mutter wickelte die kleinen Füße
besser in das große, braune Tuch ein. Die Frau lachte. Alle Aus—
wanderer sahen freundlich aus. Ihre Augen glänzten. Die Kinder
aßen die Üpfel auf und sprangen umher.
Viele Leute, die vorübergingen, blieben stehen und betrachteten
die Auswanderer. Ein Herr schenkte einem kleinen Jungen fünfzig
Pfennig.
Endlich mußten wir weitergehen.
„Glückliche Reise!“ sagte Mutter. Da lachten alle Auswanderer
freundlich und riefen: „Danke!“ Das Wort hatten sie schon gelernt.
156. Abschied von der Peimat.
Von August Disselhoff.
Nun ade, du mein lieb Heimatland,
lieb Heimatland, ade!
Es geht jetzt fort zum fernen Strand,
lieb Heimatland, ade!
Und so sing' ich denn mit frohem Mut,
wie man singet, wenn man wandern tut:
Lieb Heimatland, ade!
J.