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4. harras, der kühne Springer.
Theodor Körner.
Noch harrte im heimlichen Dämmerlicht
die Welt dem Morgen entgegen,
noch erwachte die Erde vom Schlummer nicht,
da begann sich's im Thale zu regen.
Und es klingt herauf wie Stimmengewirr,
wie flüchtiger Hufschlag und Waffengeklirr,
und tief aus dem Wald zum Gefechte
sprengt ein Fähnlein gewappneter Knechte.
Und vorbei mit wildem Ruf fliegt der Troß,
wie Brausen des Sturms und Gewitter,
und voran auf feurig schnaubendem Roß
der Harras, der mutige Ritter.
Sie jagen, als gält' es den Kampf um die Welt,
auf heimlichen Wegen durch Flur und Feld,
den Gegner noch heut zu erreichen
und die feindliche Burg zu besteigen.
So stürmen sie fort in des Waldes Nacht
durch den fröhlich aufglühenden Morgen;
doch mit ihm ist auch das Verderben er—
wacht,
es lauert nicht länger verborgen:
denn plötzlich bricht aus dem Hinterhalt
der Feind mit doppelt stärkrer Gewalt,
das Hifthorn ruft furchtbar zum Streite,
und die Schwerter entfliegen der Scheide.
Wie der Wald dumpf donnernd wieder—
klingt,
von ihren gewaltigen Streichen!
Die Schwerter klingen, der Helmbusch winkt,
und die schnaubenden Rosse steigen.
Aus tausend Wunden strömt schon das Blut,
sie achten's nicht in des Kampfes Glut,
und keiner will sich ergeben,
denn Freiheit gilt's oder Leben.
Doch dem Häuflein des Ritters wankt
endlich die Kraft,
der Übermacht muß es erliegen;
das Schwert hat die meisten hinweggerafft,
die Feinde, die mächtigen, siegen.
Unbezwingbar nur, eine Felsenburg,
kämpft Harras noch und schlägt sich durch,
und sein Roß trägt den mutigen Streiter
durch die Schwerter der feindlichen Reiter.
Und er jagt zurück in des Waldes Nacht.
jagt irrend durch Flur und Gehege;
denn flüchtig hat er des Weges nicht acht,
er verfehlt die kundigen Stege.
Da hört er die Feinde hinter sich drein,
schnell lenkt er tief in den Forst hinein,
und zwischen den Zweigen wird's helle,
und er sprengt zu der lichteren Stelle.
Da hält er auf steiler Felsenwand,
hört unten die Wogen brausen;
er steht an des Zschopauthals schwindelndem
Rand
und blickt hinunter mit Grausen.
Aber drüben auf waldigen Bergeshöhn
sieht er seine schimmernde Feste stehn;
sie blickt ihm freundlich entgegen,
und sein Herz pocht in lauteren Schlägen.
Ihm ist's, als ob's ihn hinüberrief,
doch es fehlen ihm Schwingen und Flügel,
und der Abgrund, wohl fünfzig Klafter tief,
schreckt das Roß, es schäumt in den Zügel;
und mit Schaudern denkt er's und blickt
hinab,
und vor sich und hinter sich sieht er sein Grab;
er hört, wie von allen Seiten
ihn die feindlichen Scharen umreiten.
Noch sinnt er, ob Tod aus Feindes Hand,
ob Tod in den Wogen er wähle.
Dann sprengt er vor an die Felsenwand
und befiehlt dem Herrn seine Seele;
und näher schon hört er der Feinde Troß,
aber scheu vor dem Abgrund bäumt sich das
Roß,
doch er spornt's, daß die Fersen bluten,
und er setzt hinab in die Fluten.
Und der kühne, gräßliche Sprung gelingt,
ihn beschützen höhre Gewalten;
wenn auch das Roß zerschmettert versinkt,
der Ritter ist wohl erhalten;
und er teilt die Wogen mit kräftiger
Hand,
und die Seinen stehn an des Ufers Rand
und begrüßen freudig den Schwimmer. —
Gott verläßt den Mutigen nimmer.