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9. Alexander in der Schlacht bei Gaugamela.
den Feind zu führen. Da nahm er rasch den Wurfspieß in die linke Hand
und flehte mit erhobener Rechten die Götter an, wenn er wirklich ein
Sprößling des höchsten Gottes sei, den Griechen Schutz und Kraft zum
Siege zu verleihen.
5 Der Wahrsager Aristander ritt in einem weißen Kleide und mit einem
goldenen Kranz an seiner Seite. Plötzlich zeigte derselbe auf einen Adler,
der sich über Alexanders Haupt erhob und in feinem Fluge schnurstracks
auf die Feinde loseilte.
Dieser Anblick erfüllte alle mit hohem Mute. Boll Zuversicht, unter
10 gegenseitigen Aufmunterungen stürzte sich im nächsten Augenblick die Reiterei
in den Feind, und der Strom des Fußvolkes wälzte sich ihr nach. Ehe
jedoch die vordersten handgemein wurden, zogen sich die Perser bereits zurück.
Man verfolgte sie heftig, und Alexander suchte dabei den ganzen ge¬
schlagenen Heeresteil nach der Mitte zu treiben, wo sich Dareios befand.
15 Diesen hatte er in der Ferne erblickt, mitten durch die vorderen Reihen
hindurch. In der Tiefe der königlichen Leibwache war seine Gestalt sichtbar
geworden: er war ein schöner, großer Mann, der auf einem hohen Wagen
stand, wohl gedeckt durch starke, glänzende Reitermassen, die in dichten Linien
um den Wagen aufgestellt und bereit waren, den Feind zu empfangen.
20 Als man jedoch Alexanders schreckende Gestalt ganz nahe erblickte,
wie er die Flüchtigen auf die Standhaltenden zurückwarf, da geriet der größte
Teil der Reiter in panischen Schrecken und stob auseinander. Die Tapfersten
und Vornehmsten ließen sich zusammenhauen, ehe man an den König kam.
Sie stürzten aufeinander nieder und bildeten so ein bedeutendes Hindernis
25 für die Verfolgung, indem sich noch in den Zuckungen des Todes Mann
und Roß umschlungen hielten.
Dareios selbst sah jetzt alle Schrecken vor seinen Augen. Die Truppen,
die ihn schützen sollten, stürzten auf ihn herein. Bereits war es schwierig,
mit dem Wagen umzuwenden und durchzufahren: die Räder blieben in der
30 Masse von Leichnainen stecken, mit deren Blute sie bespritzt wurden; ebenso
wurden die Pferde durch die Menge der Toten festgehalten und beinahe
überdeckt, bäumten sich und brachten auch den Wagenlenker dadurch in
Verwirrung.
Unter diesen Umständen ließ Dareios Wagen und Waffen zurück
35 und floh. Aber er würde diesmal schwerlich entwischt sein, wenn nicht
abermals Reiter von Parmenion gekommen wären, um Alexander wieder
nach dem linken Fliigel zu rufen, weil dort die Truppenmassen der Feinde
noch immer feststünden und nicht weichen wollten.