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Südamerika. — Brasilien.
einzelne Missionsorte, und Städte werden daraus werden, wenn erst der mächtige
Strom (siehe oben S. 723) zur Handelsstraße geworden.
Brasilien, dessen Länge von Rio Janeiro bis zur Republik Venezuela 500
und die Breite von der Nordostküste bis nach Bolivia 300 Meilen beträgt, hat
höchstens 61/, Mill. Bewohner. Fast die Hälfte davon (3 Mill.) sind Neger¬
sklaven, die übrigen sind theils Weiße (Kreolen und Europäer), theils Mischlinge,
theils die Nachkommen der Urbewohner, von denen einige Stämme bekehrt und
zu Ausiedlungen vermocht, die meisten aber frei und unabhängig sind. Die Bo -
tokuden dem Küstengebirg nahe, mit Holzklötzen in Unterlippe und Ohrläppchen,
ferner die Coroados, die Puris, und die berittenen Guaycnras am Paraguay
sind am bekanntesten. Der Portugiese, im fünfzehnten und Anfang des sechszehnten
Jahrhunderts heroisch und unternehmend, später politisch und kriegerisch erschlafft,
verstand nicht zu kolonisiren. Das Land schwacher Wilden zu erobern, und dann,
soweit es von Natur schon reichlichen Ertrag gab, behaglich und von Negersklaven
bebaut zu besitzen, Gold und Diamanten unter argwöhnischer Aufsicht sammeln,
hie und da auch Indianer durch Mönche bekehren zu lassen — das war ihr
Hauptgeschäft in Brasilien. Erst seit der Trennung von Portugal hat einige
Gewerbsamkeit begonnen, hat man Fremden und Naturforschern das Innere des
Landes geöffnet, auch einheimische Produkte durch Anbau fremder, vor allen des
Kaffees vermehrt; und daß der Seehandel dadurch belebt werden mußte, war
natürlich. Auf mehreren Flüssen gehen bereits Dampfer, sonst aber fehlt es an
Straßen, und nur auf Manlthieren geschieht aller Transport im Inneren. Wie
aber ans dem Mischmasch der Schwarzen und Weißen wirklich eine brasilische
Nation werden soll, wenn nicht der Herbeiführung von Sklaven endlich gewehrt
und Einwanderung von Europäern in größerem Maaßstabe gefördert wird,
ist nicht abzusehen. *) Hinter Mexiko, und selbst hinter Peru wird man in
nationaler Rücksicht stets zurückbleiben, trotz der größeren Seehandelsplätze, deren
sich die brasilische Küste erfreut.
Es geschah im I. ,1823, daß Brasilien von der Herrschaft Portugals frei
wurde. Gegenwärtig ist es ein selbständiges Reich, hat einen Senat von 52,
eine Deputirteukammer von 407 Mitgliedern, und einen erblichen Kaiser aus der
portugiesischen Königsfamilie, nebst 6 Ministern, an der Spitze. So wurde die
Verfassung festgestellt; doch ist die Parthei, die eine Republik will, nicht gering,
und die Provinzen haben schon eigene gesetzgebende Versammlungen erlangt, so daß
sich das Reich einem Föderativstaate nähert. Der jetzige Kaiser heißt Pedro II.,
geboren 1825 und vermählt mit einer Prinzessin von Neapel. Seine Seemacht
hält 3 Fregatten, 7 Corvetten, 2 Briggs, 10 Schooners, 8 Dampfboote rc.; die
Landmacht besteht aus 16000 Mann. Das Budget für 1851 war zu 26 Millio-
*) Nach englischen Parlaments - Akten wurden noch vor kurzem jährlich an
140000 Sklaven aus Afrika nach den Colonien Spaniens, nach der Union Nord¬
amerikas und vorzüglich nach Brasilien geführt. Etwa eben so viele kamen
theils vor der Einschiffung, theils unterwegs um. Was Brasilien betrifft, so ist
nunmehr auch dort der Sklavenhandel verboten.