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15. Ich seh'dich nicht, ich höre dich nicht,
Das ist alles, was ich kann.
Ein Douglas vor meinem Angesicht
Wär' ein verlorener Mann."
16. König Jakob gab seinem Roß
den Sporn,
Bergan jetzt ging sein Ritt,
Graf Douglas faßte den Zügel vorn
Und hielt mit dem Könige Schritt.
17. Der Weg war steil, und die Sonne
stach,
Und sein Panzerhemd war schwer,
Doch ob er schier zusammenbrach,
Er lief doch nebenher.
18. „König Jakob, ich war dein Sene-
schall,
Ich will es nicht fürder sein,
Ich will nur tränken dein Roß im Stall
Und ihm schütten die Körner ein.
19. Ich will ihm selber machen dieStreu
Und es tränken mit eigner Hand,
Nur laß mich atmen wieder aufs neu
Die Luft im Vaterland!
20. Und willst du nicht, so hab' einenMut,
Und ich will es danken dir,
Und zieh dein Schwert und triff mich gut
Und laß mich sterben hier!"
21. König Jakob sprang herab vom
Pferd,
Hell leuchtete sein Gesicht,
Aus der Scheide zog er sein breites
Schwert,
Aber fallen ließ er es nicht.
22. „Nimm's hin, nimm's hin und
trag es neu
Und bewache mir meine Ruh!
Der ist in tiefster Seele treu,
Wer die Heimat liebt wie du.
23. Zu Roß! Wir reiten nach Linlithgow,
Und du reitest an meiner Seit'!
Da wollen wir fischen und jagen froh,
Als wie in alter Zeit!"
Th. Fontane, Ges. Werke. Berlin, Fontane u. Ko.
54. Die Bidassoabrücke.
1. Auf der Bidassoabrücke
Steht ein Heil'ger, altergrau,
Segnet rechts die span'schen Berge,
Segnet links den fränk'schen Gau.
Wohl bedarf's an dieser Stelle
Mildes Trostes himmelher,
Wo so mancher von der Heimat
Scheidet ohne Wiederkehr.
2. Auf der Bidassoabrücke
Spielt ein zauberhaft Gesicht:
Wo der eine Schatten siehet,
Sieht der andre goldnes Licht;
Wo dem einen Rosen lachen,
Sieht der andre dürren Sand;
Jedem ist das Elend finster,
Jedem glänzt sein Vaterland.
3. Friedlich rauscht die Bidassoa
Zu der Herde Glockenklang,
Aber im Gebirge dröhnet
Knall auf Knall den Tag entlang;
Und am Abend steigt hernieder
Eine Schar zum Flußgestad,
Unstät, mit zerrißner Fahne;
Blut beträufelt ihren Pfad.