Full text: Für das siebente, achte, neunte und zehnte Schuljahr (Teil 3, [Schülerband])

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Meere, wovon glücklicherweise nur einer einem Binnenmeere angehört; der 
fünfte große Strom mündet freilich in ein weitentferntes Meer und geht 
durch zwei fremde Länder. Diese Ströme mit ihren Nebenflüssen eröffnen 
dem Verkehr weit ins Land gehende Wasserbahncn und setzen zugleich 
das tiefe Innere mit dem Meere in Verbindung. 
Hiernach hat Deutschland einen außerordentlichen Reichtum an For¬ 
men und übertrifft an Erhabenheit, Schönheit und Mannigfaltigkeit der¬ 
selben die meisten übrigen Länder Europas. Rußland kann in dieser 
Hinsicht gar nicht in Betracht kommen. Skandinavien, großartig, aber 
starr und kalt, tritt weit zurück, noch weiter Dänemark. Frankreich ist 
gegen Deutschland im ganzen nur einförmig, wenn es auch gegen dieses 
wieder andere wesentliche Vorteile darbietet. Auch Ungarn, welches der 
Berührung mit dem Meere entbehrt, bleibt merklich hinter ihm zurück. 
Die pyrenäische Halbinsel, ganz aus Hochland bestehend, bei fast gänzlichem 
Mangel an Tiefland, im Innern waldlos, sonnenverbrannt, wasserarm 
und daher ohne bequem ausgebildeten Stromlauf, reicht, bei allem Schmelz 
einiger Gegenden, im ganzen nicht an Deutschland heran. Die italische 
und griechische Halbinsel haben beide zwar einen großen Reichtum an 
Formen; aber die erstere hat keine günstige Figur zur Bildung eines 
starken Reiches, die andere hat zuviel Hochland und außer der Donau 
keinen schiffbaren Strom. Die britischen Inseln vereinigen allerdings 
sehr viele Vorteile, wenn auch die Erhabenheit der Gebirge die von 
Deutschland nicht erreicht. Nur in Rücksicht der natürlichen Grenzen 
steht Deutschland verschiedenen Ländern Europas nach; sie finden sich 
nur nach drei Seiten hin, gegen Süden, Norden und Westen. Diese sind 
vorteilhafter bei der pyrenäischen uud skandinavischen Halbinsel, bei Frank¬ 
reich, England, selbst noch bei der italischen und griechischen Halbinsel. 
Die geographischen Nachteile von Deutschland sind etwa folgende. 
Der Anteil am Meere ist zwar sehr beträchtlich, nicht viel geringer als 
der von Frankreich, aber er ist durch die Ungunst der Örtlichkeit ver¬ 
kümmert. Die Ostsee ist nur ein seichtes, gefahrvolles Binnenmeer und 
hat keinen natürlichen guten Hafen für größere Schiffe. Die Nordsee ver¬ 
stattet zwar eine unmittelbare Verbindung mit dem Ocean, aber sie hat 
ebenfalls niedere sandige Dünenküsten mit gefahrvoller Annäherung und 
wenig gute Häfen für Kriegsschiffe. Der Anteil am Adriatischen Meere 
ist wieder nicht groß genug. Hiernach ist Deutschland allerdings im¬ 
stande, wie die günstig ausgestatteten Länder Europas, teil am Welthandel 
zu nehmen, und sein Anteil am Meere ist ganz unschätzbar; aber es hat 
größere Schwierigkeiten, seine Häfen durch Kunst zu verbessern, und die 
Masse des Landes ist gegen die Ausdehnung der Küsten so groß, daß 
Deutschland, mehr als andere Länder, verhältnismäßig mehr auf Ackerbau 
und Industrie als auf Unternehmungen zur See angewiesen scheint. 
Ferner ist es des ununterbrochenen Hochlands fast zuviel, indem drei 
Fünfteile davon angefüllt sind. Dadurch wird zwar der Reichtum der 
Formen sehr erhöht, aber cs wird zu viel Land dem Anbau entzogen,
	        
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