Klee: Wieland der Schmied.
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„Das ist mir recht," sprach Wieland, „nimm nur deine Worte nicht
zurück und halte, was du sagst." — „Ich will Bürgen stellen," ver¬
setzte Amilias, „daß ich mein Wort nicht breche." Dazu waren so¬
gleich zwei treffliche Ritter bereit, die des Amilias Fertigkeit kannten.
„Wo sind aber deine Bürgen?" sprach Amilias zu Wieland. Der
antwortete: „Das weiß ich nicht, wer für mich bürgen wird; dem:
niemand ist bekannt, was ich vermag, und keiner kennt mich hier zu
Lande." Da gedachte der König des wunderkünstlichen Bootes, in dem
Wieland hergekommen war, und sprach: „Gut ist, was du heute ge-
schnliedet hast; darum will ich selbst dein Bürge sein. Und diese
Wette soll in zwölf Atonalen zum Austrag kommen." Dieses alles
ward durch Handschlag gefestigt, und desselben Tages noch ging
Amilias mit allen seinen Gesellen an die Arbeit und schnliedete das
ganze Jahr hindurch Tag für Tag. Wieland aber diente dem Könige
bei Tische wie zuvor und tat, als ob ihn die ganze Sache nichts an¬
ginge; und so verging ein halbes Jahr.
Eines Tages fragte König Neiding Wielanden, wie er seine Wette
lösen und wann er zu schmieden ansangen wolle. „Herr," antwortete
Wieland, „sobald Ihr dazu Rat schafft; ich wünschte aber sehr,
o König, daß Ihr mir ein Haus bauen ließet, in dem ich schmieden
könnte." Diesen Wunsch erfüllte der König, und als nun die Schmiede
gebaut war, ging Wieland dahin, wo er fein Werkzeug und Gut ver¬
steckt hatte. Aber siehe, der Baumstamm war aufgebrochen und alles
weggenommen.
Dies gefiel ihm gar übel, und er erinnerte sich, daß ein Mann
in der Nähe gewesen war, als er seine Habe vergrub. Nun dachte
er wohl, dieser müsse der Dieb sein, aber er wußte seinen Namen
nicht. Da ging er zum Könige und erzählte ihm den ganzen Vor¬
gang. Der König war sehr aufgebracht und fragte, ob Wieland den
Mann wohl wieder erkennen würde oder nicht. Das getraute sich
Wieland gar wohl, und der König ließ alsbald alle Männer seines
Reiches zu sich entbieten.
Als nun die ganze Versammlung beisammen war, ging Wieland
vor jeden Mann, der gekommen war, und sah ihm ins Gesicht; ober¬
er fand nicht den, den er suchte, auch keinen ihm ähnlichen, und
er sagte das dem Könige. Den verdroß es gewaltig, und er sprach
zornig zu Wieland: „Du hast viel weniger Verstand, als ich dachte,
und verdientest, mit schweren Fesseln gebunden zu werden, denn du
hast mich zum Spott vor allem Volke gemacht. Deinethalben berief
ich die Versammlung, und alle Männer meines Reiches sind hier;
also muß auch der darunter sein, der dir das Deine gestohlen hat.
Du aber erkennst ihn nicht wieder und bist ein rechter Tor." Damit