Full text: Prosa (Teil 8, [Schülerband])

Wortwechsel kam, ließ Lesley die Zugbrücke der Burg, deren Schlüssel 
man ihm brachte, aufziehen und zugleich dem Butlerschen Oberstwacht¬ 
meister sagen, jetzt sei es Zeit. Der hielt sich bereits mit den sechs zur 
Ausführung ausgerüsteten handfesten Iren in einem anstoßenden Gemach; 
jetzt brach er mit den Worten: „Viva Kaiser Ferdinando", in das 
Speisezimmer herein, während eine Schar andrer Irländer durch die 
andre Tür eindrang, die sie besetzt hielten, damit niemand entfliehen 
könne. Gordon, Lesley und Butler antworteten mit entsprechendem 
Geschrei. Indem die Eingeladnen nach ihren Degen griffen, wurden 
sie bereits niedergemacht; nur von Jlow weiß man mit einiger Zuver¬ 
lässigkeit, daß er sich zur Wehre setzte; aber sie fielen alle unter den 
kurzen Schwertern oder langen Dolchen der Irländer. Eine Mordtat 
zugleich und eine Hinrichtung, denn einen autorisierten Befehl außer etwa 
jener doch nur mündlich überlieferten, auch nur auf Wallenstein bezüg¬ 
lichen Weisung Piccolominis hatten die drei Offiziere nicht; es war 
ihr eignes, freiwilliges Werk. In ein paar greulichen Minuten war 
alles geschehen. K'insky, Terzka, Jlow und Neumann, sie waren mit 
einemmal, wie man sagte, vom Leben zum Tode hingerichtet und 
schwammen in ihrem Blute. 
Es wäre jetzt möglich gewesen, Wallenstein gefangen zu nehmen, 
und noch einmal ward das erwogen. Aber dagegen zog man aufs neue 
in Betracht, daß der Feind in unmittelbarer Nähe stehe und ein un¬ 
glücklicher Zufall alles vereiteln könne. Es blieb dabei, daß er um¬ 
gebracht werden müsse. Wallenstein hatte in dem ansehnlichsten Hause 
der Stadt Wohnung genommen; eine von außen angelegte Wendeltreppe 
führte zu seinen Zimmern. Diese stiegen der irländische Kapitän De¬ 
vereux und einige Soldaten hinaus, um das zweite blutige Werk zu 
vollbringen. Wallenstein hatte soeben ein Bad genommen und war im 
Begriff schlafen zu gehen. Sein Mundschenk, der ihm in goldner Schale 
den Schlaftrunk gebracht hatte, begegnete den Hereinstürmenden und 
wollte ihnen empfehlen, die Ruhe des Herrn nicht zu stören. Aber ihm 
selbst versetzten sie eine Wunde und erhoben das Geschrei: „Rebellen". 
Indem Wallenstein bei diesem Lärmen, wie er war, und im bloßen Hemd 
nach dem Fenster ging, wahrscheinlich, um die Wache zu rufen, stieß der 
Kapitän mit seinen Leuten die Tür auf und schrie ihm die Worte zu: 
„Schelm und Verräter." Ob Wallenstein einen Begriff von dem hatte, 
was sich begab? Ob er fühlte, daß der letzte Schritt der Empörung, 
den er soeben getan, die Rache der kaiserlich Gesinnten unmittelbar über 
sein Haupt zog? Wahrscheinlich doch, daß ihm der Zusammenhang der 
Dinge mit einemmal vor die Seele getreten ist. An einen Tisch ge¬
	        
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