Physikalische Geographie, — II. Ozeanographie.
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II. Ozeanographie.
Mittelwasser. Meeresniveau. Alle Höhen- und Tiefenmessungen werden § 355.
von der Meeresoberfläche aus augestellt. Doch ist zu bedenken, daß der
Meeresspiegel nicht überall und allezeit unveränderlich ist, vielmehr wird
durch die Gezeitenbewegungen, durch stündig auf eine Küste gerichtete Winde
der Wasserstand wesentlich beeinflußt. Ebenso macht sich die jahreszeit-
liche Verschiedenheit in der Erwärmung der oberflächlichen Schichten, wie
auch der Wechsel von Regen- und Trockenzeit in Änderungen des Standes
der Oberfläche geltend. Liest man nun alle diese Wasserstaudsüuderuugeu
an Pegeln ab, so ist es möglich, für eine bestimmte Stelle der Küste das
Mittelwasser zu berechnen. Von diesem Mittelwasser ans sind die abso-
luten Höhen und Tiefen zu bestimmen. In Deutschland gilt als Mittel-
wasser das NN (Normal-Null), das 37 m unter einer Höhenmarke der
Berliner Sternwarte gelegen ist. Wenn man anfänglich annahm, daß das
Normal-Nnll genau in dem Niveau des Amsterdamer Pegels (AP) liege, so
ist jetzt festgestellt, daß es 3 mm über demselben liegt. Die Schweiz, die keine
Meeresgrenze hat, nimmt den Spiegel des Genfer Sees als Nullpunkt an.
Vom Mittelwasser ist wohl zu unterscheiden das Meeresniveau, jener
sichtbare Teil der Geoidsläche (vgl. § 286).
Chemische Zusammensetzung des Meerwassers. Salzgehalt. Eigentüm- § 356.
lich ist dem Meerwasser der bitter salzige Geschmack als Wirkung eines
im Durchschnitt 3,5prozentigen Gehaltes an aufgelösten Salzen. Ganz über-
wiegend besteht das Meerfalz aus Kochsalz, das sür sich allein mehr als
^ sämtlicher gelösten Bestandteile ausmacht. Nächstdem spielen auch Chlor-
magnesium und Bittersalz (schwefelsaure Magnesia) eine Rolle, die dem
Meerwasser den widerlich bitteren Geschmack verleihen. Setzt man den Ge-
samtgehalt der im Meerwasser gelösten Stoffe — 100, so entfallen auf Koch-
falz 77,8 Teile, auf Chlormagnesium 10,9, auf Bittersalz 4,7, auf fchwefel-
sauren Kalk (Gips) 3,6, auf schwefelsaures Kali 2,5 Teile. Dazu kommt
noch außer einer verschwindend kleinen Menge Brommagnesium (0,22) ein
sehr geringer Gehalt an kohlensaurem Kalk (0,34), der doch unter den dem
Flußwasser beigemischten Bestandteilen die Hauptrolle spielt.
Die außerordentlich verschiedenartige Zusammensetzung der Mineralsalze
des Fluß- und Meerwassers — das Flußwasser enthält hauptsächlich Karbo-
uate, das Meerwasser ganz vorwiegend Chloride — gestattet den Schluß, daß
der Salzgehalt des ozeanischen Wassers nicht von dem des festländischen allein
herrühren kann. Der Salzgehalt scheint vielmehr eine Ureigenschast
des Weltmeeres zu sein, die wir schon dem Urozean zuschreiben müssen.
Außer den genannten Salzen sind noch andere chemische Elemente •—
nahezu die Hälfte sämtlicher bisher bekannten — im Meerwasser vorhanden,
freilich nur in kleinsten und allerkleinsten Beträgen: Brom, Jod, Arsen,
Silber, Kupfer, Blei, Eisen, Zink, Kobalt n. a. Dazu enthält das Meer
wasser an Gasen noch atmosphärische Luft und freie Kohlensäure.
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