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führen bis nach Koblenz, der alten Römerstadt Lonllusntös. 118 m über
den Rhein erhebt sich Koblenz gegenüber die trotzige Bergfeste Ehrenbreitstein;
einen herrlichen Rundblick gewährt daher über den stolzen Strom, dem dies¬
seits die Lahn, jenseits die Mosel zufließt, von ihrer Höhe die Feste.
Zwischen Koblenz und Ehrenbreitstein flachen sich die Ausläufer des
Westerwaldes und der Eifel in ziemlich scharfen Absätzen zu dem Wieder Becken
ab. Aus einer Entfernung von 10—12 Stunden strömen aus Süden und
Norden die Flüsse Wied, Sayn und Nette zu. Auch neigen sich die größeren
Flüsse Mosel und Lahn aus Westen und Osten mit ihren Mündungen zu
ihm heran. Es hat hier ohne Zweifel in vorhistorischen Zeiträumen ein großer
Binnensee der mittelrheinischen Schiefergebirgsinsel bestanden, der zu ver¬
schiedenen Zeiten eine verschiedene Ausdehnung gehabt haben mag. Vielleicht
hat er einst zu beiden Seiten des Rheins, längs der Mosel, Nette und Wied
weit hinaufgegriffen. Seine letzten Ufer, welche wir nachweisen können und
welche seine tiefsten und niedrigsten Flachboden umstehen, sind zwischen
Koblenz und Andernach und zeigen sich zu beiden Seiten des Rheins in der
Entfernung einiger Stunden noch deutlich in scharf ausgegrabenen Vorge¬
birgen und Terrassenabsätzen. Noch jetzt gibt es einige sumpfige Striche
und einige kleine Bäche verlieren sich in diesen Strichen, ehe sie den Rhein
erreichen.
Nahe dem Ausgange des Wieder Beckens liegt eine der jüngsten deutschen
Städte einer der ältesten gegenüber. Die neue freundliche Stadt ist Neu¬
wied, die alte das düstere Andernach, römischen Ursprungs, das einst auch
die südlichst gelegene Stadt des Hansabundes war. Die viergetürmte
romanische Pfarrkirche, der runde, oben achteckige Wartturm am Rhein mit
5 m dicken Mauern, der Kran, der zum Verladen der Mühlsteine dient, sind
den Vorüberfahrenden die Wahrzeichen von Andernach.
Das Stück des Mittelrheins von Andernach bis Bonn ist gerader ge¬
richtet als das Stück von Bingen nach Koblenz und fließt zugleich in einem
weit bequemern und breitern Tale, so daß auf beiden Seiten des Flusses
Wanderungen stattfinden und Straßen ohne allzu große Schwierigkeiten aus¬
geführt werden konnten. Es erscheinen zwar noch hier und da einige von
den Schiffern ehemals gefürchtete Felsen im Bette des Flusses, so die Basalt¬
steine bei Unkel; doch haben sie nie die Schiffahrt gehindert. Der Rhein,
dessen Wassermasse von Koblenz an durch Lahn und Mosel bedeutend zu¬
nimmt, ist auf der ganzen Strecke sehr tief und allenthalben bequem schiffbar.
Häufiger als im obern Tale wechseln enge Stellen mit kleinen Talaus¬
weitungen. Manche ziehen ihn der obern Strecke vor. Dies untere Tal, so
preisen sie, ist von einer großartigen männlichen Schönheit, die das mächtige,
ruhig fließende Wasser, die ernste Gestalt der Berge, besonders im Sieben¬
gebirge, endlich der freiere Chckrakter der offen hingebreiteten Landschaft zu
gleichen Teilen in Anspruch nehmen. Ist die frühere Strecke romantisch¬
ritterlich, so geht der Rhein hier in der Tat im majestätischen Jönigsmantel.
Unterhalb Andernach stürzt sich der Rhein zum zweitenmal wie bei
Bingen in eine düstere Gebirgsschlucht. Schroffe Berge, romantische Felsen-