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Und sollst sie als Ehgemahl heut noch umarmen,
Die jetzt für dich bittet mit zartem Erbarmen."
Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt,
Und es blitzt aus den Augen ihm kühn,
Und er siehet erröten die schöne Gestalt
Und sieht sie erbleichen und sinken hin —
Da treibt's ihn, den köstlichen Preis zu erwerben,
Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.
Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurüch
Sie verkündigt der donnernde Schall;
Da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick:
Es kommen, es kommen die Wasser all',
Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder — '^1Vr
Den Jüngling bringt keines wieder.
23. Konradtn$ Knappe» Von Konrad ferdtnand Meyer
Gedichte. 34. Auflage. Leipzig 1906. S. 288.
1. „Auf diesem kurzen Bergesrasen hier.
Nur wen'ge Monde sind es, zechten wir,
Er und das Edelvolk, in hohem Raum —
Und drüben war Italien wie ein Traum.
2. In diesem Passe lagen wir gestreckt,
Der Staufe hat mich minniglich geneckt:
,Nicht blöde, Hans! Sprich! Was begehrst du gleich?
Ich geb' es dir in meinem Königreich!‘
3. Dann klomm die Fahrt an Wänden schwarz und kahl!
Wo ich der Mutter Gottes mich empfahl.
Noch eh' ich Amen sagte, glitt mein Tier —
Der Staufen und die Sinne schwanden mir.
4. Dann lag ich im Hospize fieberbang,
Wo ich verzweifelnd mit den Mönchen rang,
Ich focht und schrie: ,Dem jungen Staufen nach!
Hie Napoli bis ich zusammenbrach.
5. Jetzt schlepp' ich jeden Tag mich hier empor,
Wo ich den Staufen aus dem Blick verlor.
Genesen ist der Leib, die Seele schmerzt,
Denn all mein Erdenglück hab' ich verscherzt.
6. Und zög' ich heut, ich käme doch zu spät;
Schon krönte sich die junge Majestät,