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und der einzige Tropfen genügt,
eine himmlische Seele,
die hier unten in Schmerz erstarrt,
wieder in Wonne zu lösen.
Rch! sie weint dir süßeren Dank
als die anderen alle,
die du glücklich und reich gemacht;
laß ihn fallen, den Tropfen!
Friedrich Hebbel.
143. Wanderers Nachtlied.
Der du von dem Himmel bist,
alles Leid und Schmerzen stillest,
den, der doppelt elend ist,
doppelt mit Erquickung füllest,
ach, ich bin des Treibens müde!
Was soll all der Schmerz und Lust?
Süßer Friede,
komm, ach komm in meine Brust!
Wolfgang von Goethe.
144. Lin gleiches.
Über allen Gipfeln
ist Ruh',
in allen Wipfeln
spürest du
kaum einen hauch;
die vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
ruhest du auch.
wolfgang von Goethe.
145. abendiied.
Rügen, meine lieben Fensterlein,
gebt mir schon so lange holden Schein,
lasset freundlich Bild um Bild herein:
Einmal werdet ihr verdunkelt sein!
Fallen einst die müden Lider zu,
löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh';
tastend streift sie ab die Wanderschuh',
legt sich auch in ihre finstre Truh'.
Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn,
wie zwei Sternlein innerlich zu sehn,
bis sie schwanken und dann auch vergehn
wie von eines Falters Flügelwehn.
Doch noch wandl' ich auf dem Rbendfeld,
nur dem sinkenden Gestirn gesellt;
trinkt, o Rügen, was die Wimper hält,
von dem goldnen Überfluß der Welt!
Gottfried Keller.