Full text: [Abtheilung 2 = (Quarta, Tertia), [Schülerband]] (Abtheilung 2 = (Quarta, Tertia), [Schülerband])

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b. Sdyllen. 
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167. Das Habermus. 
Kinder, das Habermus ist fertig, so kommt denn und esset! 
Betet: Aller Augen — und gebt mir ordentlich Achtung, 
Daß am rußigen Topf sich keins das Aermelchen schwarz macht. 
So, nun esset, und segn' es euch Gott, und wachst und gedeihet! 
Seht, es hat die Haberkörnlein der Vater im Frühjahr 
Zwischen die Furche gesät mit fleißiger Hand und beegget. 
Aber daß sie gewachsen und zeitig geworden, dafür kann 
Euer Vater hier nicht; das that der Vater im Himmel. 
Denket nur, Kinder, es schläft ein Keimchen im mehligen Körnlein, 
Klein gestaltet und zart; nicht regt noch rührt sich das Keimchen, 
Nein, es schläft und spricht auch kein Wort, und ißt nicht und trinkt nicht, 
Bis es die Furche bedeckt und der aufgelockerte Boden; 
Aber sodann in der Furch' und in der befeuchteten Wärme 
Wacht allmählich es auf aus seinem verschwiegenen Schlafe, 
Streckt die Gliederchen aus und sauget im saftigen Körnlein, 
Wie an der Mutter das Kind; es fehlt nur, daß es noch weinte. 
Nach und nach wird's größer, und heimlich auch schöner und stärker, 
Schlüpft aus den Windeln heraus und streckt ein Würzelchen abwärts, 
Tiefer hinein in den Grund, sich Nahrung suchend und findend. 
Ja, und der Vorwitz plagt's, neugierig möcht' es auch wissen, 
Wie es nun weiter oben wohl sei. — Gar heimlich und furchtsamn 
Guckt's aus dem Boden heraus. — Potz Stern! ich glaub', es gefällt ihm! — 
Und der liebe Gott schickt einen Engel hernieder: 
„Bring' ihm ein Tröpfchen Thau, und sag' ihm freundlich Willkommen!“ 
Und es trinkt, und es schmeckt ihm so wohl, es streckt sich gewaltig. 
Aber nun kämmt sich die Sonne, und ist sie gekämmt und gewaschen, 
Tritt mit dem Strickzeug schnell sie hervor dort hinter den Bergen, 
Wandelt daher den Weg hoch an der himmlischen Straße, 
Stricket und schauet herab, wie eine freundliche Mutter 
Nach den Kinderchen sieht. Sie lächelt freundlich dem Keimchen, 
Und es thut ihm so wohl, bis tief hinein in das Würzlein. 
„Solch' eine prächtige Frau, und doch so gütig und freundlich!“ 
Aber was sie wohl strickt? Ei, Gewölk aus himmlischen Düften! 
Schon setzt's Tropfen, ein Sprützelchen kommt, jetzt regnet es völlig. 
Keimlein trinkt sich satt; drauf wehet ein Lüftchen und trocknet's, 
Und es sagt: „Nicht kehr' ich zurück jetzt unter den Boden! 
Nicht um alles! Da bleib' ich und schau'ß zu was ich noch gut bin!“ 
Esset, ihr Kindlein, und segn' es euch Gott, und wachst und gedeihet!
	        
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