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VIII. Das Deutsche Reich.
einem Zivilprozeß kann schriftlich eingereicht oder im Gericht zu
Protokoll gegeben werden. Die Urschrift der Klage muß dem Amts¬
gericht in zwei Exemplaren eingereicht werden. Die Zustellung
des Verhandlungsteiurines erfolgt durch den Gerichtsvollzieher
oder durch die Post. Zwischen der Zustellung und der Gerichts¬
verhandlung muß eine Einlasfungsfrist von drei Tagen liegen.
Die Verhandlung einer Klage wird mündlich geführt. Als Beweis¬
mittel dienen die Zeugen. In besonderen Fällen haben die Zeugen
das Recht, ihre Aussage zu verweigern (Verwandtschaft). Nach
erfolgter Verhandlung wird das Urteil gesprochen. Gegen das
Urteil des Gerichts steht jedem Staatsbürger das Recht der Be¬
schwerde, der Berufung und der Revision zu.
h) Strafverfahren. Das Strafverfahren regelt sich nach
der Strafprozeßordnung. Der Gerichtsstand ist bei dem Gerichte,
in dessen Bezirk die strafbare Handlung begangen ist, oder wo der
Angeschuldigte seinen Wohnsitz hat. Tie Untersuchung führt der
Staatsanwalt. Es findet zunächst ein Ermittelungsverfahren statt.
Stellt sich hierbei für den Staatsanwalt die Überzeugung heraus,
daß eine strafbare Handlung vorliegt, so wird gegen den An¬
geschuldigten die Anklage erhoben. Liegt der Verdacht vor, daß
der Angeschuldigte sich durch die Flucht der Strafverfolgung ent¬
ziehen könnte, so verfügt der Staatsanwalt die Untersuchungshaft.
Die Anklage wird dem Gerichte zugestellt, und dies führt nunmehr
die Hauptverhandlung, die mit der Beweisaufnahme (Zeugen¬
vernehmung) fortgesetzt wird und mit dem Gerichtsurteil schließt.
Den Verurteilten stehen die Rechtsmittel Berufung, Beschwerde
und Revision zu.
i) Gerichts- und Anwaltslosten. Die Gerichts- und
Anwaltskosten sind durch das deutsche Gerichtskostengesetz vom
18. Juni 1878 geregelt. Diesem Gesetze ist am 1. April 1910 eine
neue Fassung gegeben worden. In bürgerlichen Streitigkeiten
werden die Gebühren nach dem Werte des Streitgegenstandes er¬
hoben. Die Kostensätze sind aus nachstehender Kostentabelle auf
S. 84 und 85 ersichtlich.
k) Gebühren für Zeugen und Sachverständige.
Jeder Zeuge (und nach § 84 d. St. P. O. auch jeder Sach-