Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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breit genug; weil Hans aber fast immer so gutmütig schmunzelte, ward 
er dadurch noch viel breiter. Jeder, der ihn ansah, hatte seine Freude 
an dem muntern Jungen; denn wie aus seinen zerrissenen Kleidern ein 
kräftiger, gesunder Körper, ein Paar braune, feste Arme hervorguckten, 
so schaute aus seinen nicht gerade sehr schönen Gesichtszügen ein frischer, 
lustiger Sinn hervor, sodaß er seinen Namen nicht umsonst führte. 
Hans Lustig hatte schon als kleines Kind selten geweint, dagegen 
aber immer sehr viel gelacht. Wenn die Mutter auf der Bleiche Wäsche 
trocknete, so legte sie ihn gewöhnlich seitab unter einen hohen Apfelbaum. 
Da lag er deun ganz glücklich in dem weichen, hohen Grase und sah 
mit seinen roten Backen aus, als wär' er selber ein Äpfelchen, das der 
Baum heruntergeschüttelt. Wenn ein Schmetterling über ihn hinflog 
oder ein Vogel auf dem Baume über ihm sein Liedchen pfiff, strampelte 
er mit Händchen und Beinchen vor Vergnügen um sich her, obgleich kein 
Mensch sich mit ihm abgab. Nur der gute Mohr, der alte, zottige Pudel 
des Nachbars, pflegte dann gewöhnlich dicht neben ihm zu liegen und 
ließ sich's gern gefallen, wenn der kleine Hans ihn am Schwänze zauste, 
mit den dicken Händchen unbeholfen ihm vor lauter Vergnügen im Gesichte 
herumkrabbelte und dabei laut aufjauchzte. Daher kam es denn auch, 
daß er dem Mohr immer gut blieb und überhaupt nächst den Menschen 
auch alle Tiere lieb hatte. 
Hans lernte bald sprechen, und kaum ging's mit dem Sprechen, so 
fing er auch schon an zu singen; er lernte auch bald gehen, und kaum 
war er damit fertig, so ging's ans Tanzen und Springen. Nun trieb 
er alles, was er nur vornahm, mit wahrer Lust und konnt' auch daher 
schon mit Recht Hans Lustig heißeu. Da gab's bald vollauf zu thun, 
für den Vater die Schuhe und Stiefel auszutragen, der Mutter Wäsche 
zu hüten und Brot einzukaufen; und überall mußte der Mohr sein Be¬ 
gleiter sein. Bald kannte die ganze Straße den lustigen Buben, und 
weil er jeden so freundlich anlachte, suchten die Leute auch ihm oft eine 
Freude zu machen. Der Bäcker schenkte ihm oft verbrannte Fastenbrezeln, 
die Kunden seines Vaters allerlei alte Kleidnngsstticke oder irgend altes 
Spielzeug, und selbst manch blanke Dreierstücke brachte er seiner Mutter 
nach Hause, die sie in einer thönernen Sparbüchse verwahrte. Aber auch 
bei allen Kindern in der Nachbarschaft wurde der Hans bald beliebt. Als 
er älter wurde, war er bei allen Spielen der erste und wußte immer 
etwas Neues anzugeben. Abends, wenn die Kinder aus der Nachbar¬ 
schaft zum Spiele auf dem Platze unter dem Kastanienbaume zusammen- 
kamen, war alles still und langweilig, ehe Hans da war; sobald aber 
seine gellende Stimme sich hören ließ, ging der allerlustigste Spektakel 
los, den man sich nur denken konnte. Keiner wußte aber auch so schöne 
Puppen ans großen, gelben Rüben zu machen wie Hans. Er schnitt 
ihnen die possierlichsten Gesichter aus, steckte ihnen ein paar Pfefferkörner als
	        
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