250 
Chr. F. ©eitert, Der grüneMsel. 
Ein weißer Hut ließ lächerlich, 
schwarz, Brüder, schwarz! so schickt es sich." 
35 Er starb und ließ bei seinem Sterben 
den schwarzen Hut dem nächsten Erben. 
Der Erbe trügt ihn in sein Haus 
und sieht, er ist sehr abgetragen; 
er sinnt, und sinnt das Kunststück aus, 
40 ihn über einen Stock zu schlagen. 
Durch heiße Bürsten wird er rein; 
er faßt ihn gar mit Schnüren ein. 
Zinn geht er aus, und alle schreien: 
„Was sehn wir? Sind es Zaubereien? 
45 Ein neuer Hut! O, glücklich Land, 
wo Wahn und Finsternis verschwinden! 
Mehr kann kein Sterblicher erfinden, 
als dieser große Geist erfand." 
Er starb und ließ bei seinem Sterben 
50 den umgewandten Hut dem Erben. 
Erfindung niacht den Künstler groß 
und bei der Nachwelt unvergessen; 
der Erbe reißt die Schnüre los, 
umzieht den Hut mit goldnen Tressen, 
55 verherrlicht ihn durch einen Knopf 
und drückt ihn seitwärts auf den Kopf. 
Ihn sieht das Volk und taumelt vor Vergnügen. 
Nun ist die Kunst erst hochgestiegen! 
„Ihm," schrie es, „ihm allein ist Geist und Witz verstehn! 
60 Nichts sind die andern gegen ihn!" 
Er starb und ließ bei seinem Sterben 
den eingefaßten Hut detn Erben. 
Und jedesmal ward die erfundne Tracht 
im ganzen Lande nachgemacht. 
2. Z>er grüne Hsel'. 
Bon Christian Fürchtegott Geliert. 
Wie oft weiß nicht ein Narr durch thöricht Unternehmen 
viel tausend Thoren zu beschüinen! 
Neran, ein kluger Narr, färbt einen Esel grün, 
ant Leibe grün, rot an den Beinen, 
sängt an, mit ihn: die Gassen durchzuziehn. 
Er zieht, und jung und alt erscheinen. 
„Welch Wunder!" rief die ganze Stadt, 
„ein Esel, zeisiggrün, der rote Füße hat!