Metadata: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

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Strich, auf dem sie durch das Getreidefeld gezogen war, denn dort 
standen die Halme höher und lustiger."*) 
Die alten Deutschen verehrten ferner den Donar, den kraftvollen 
Sohn Wuotans und der Freia. Auf seinem von krummgehörnten 
Steinböcken bespannten Wagen fährt er hinter schwarzem Gewölk durch 
den Himmelsraum. Er läßt den Donner rollen und sendet den Blitz¬ 
strahl hernieder zur Erde. 
Um sich die Gunst ihrer Götter zu erwerben, brachten die alten 
Deutschen denselben Opfer dar. Die Opferstätten waren bald am klaren 
Quell, bald am rauschenden Flusse oder auf waldiger Bergeshöhe. 
Dort wurden den Göttern Früchte des Feldes, Rinder und Pferde und 
in Kriegszeiten auch Gefangene geopfert. Nach dem Opfer wurde ein 
frohes Mahl gehalten, wobei die Teilnehmer Teile des Opfers und 
geweihte Opferkuchen genossen. 
Beurteilung. 
Tacitus hat sein Buch über das Land und die Sitten der alten 
Deutschen geschrieben, um dieses Volk seinen Landsleuten vielfach als 
Vorbild hinzustellen. 
Ob wohl die Lebensweise der alten Deutschen auch uns 
als Muster dienen kann? 
Vielfach nicht. Da haben wir z. B. ihr leichtsinniges Spiel. 
Anstatt durch fleißige Arbeit wollen sie durch das Glücksspiel sich 
Güter erwerben und zerstören oft dadurch ihr und ihrer Familie Glück. 
(Ausmalen der Situation eines unglücklichen Spielers, der seine statt¬ 
lichen Rinder und Rosse verloren. Frau und Kind in Knechtschaft ge¬ 
bracht hat und nun selbst einem andern als Sklave dienen muß. 
Vorwürfe; Schmerz der Trennung; Stimmung der Seinen.) Wir 
verurteilen ferner das unmäßige Trinken der alten Deutschen. 
Dasselbe schadete der Gesundheit, raubte viel Zeit und erzeugte bei 
ihnen jene Streit- und Rauflust, die sie zur Waffe greifen hieß und 
manches Unglück herbeiführte 
Wir tadeln endlich ihre Trägheit. Tagelang lagen sie oft 
auf ihren dicken Bärenfellen und hielten es für eines Mannes unwürdig, 
bei der Arbeit im Hause und aus dem Acker mit behilflich zu sein. 
„Arbeit ist des Bürgers Zierde, 
Segen ist der Mühe Preis." 
In mancher Hinsicht können uns die alten Deutschen 
jedoch auch als Vorbild dienen. 
Da ist ihre Gastfreiheit. Der müde Wanderer, der ohne 
menschliche Hilfe der Not der Reise vielleicht erliegen würde, er findet 
in dem deutsche Hause freundliche Aufnahme und liebevolle Pflege, als 
wäre er ein Glied der Familie. 
Da ist ferner der Fleiß der Hausfrau, die bald am Herde, 
bald im Stalle oder auf dem Felde geschäftig ist und Kind und Knecht 
zu frohem, fleißigen Thun anhält. 
•) Freytag, Bilder aus deutscher Vergangenheit.
	        
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