Full text: [Dritter Teil = 5. bis 8. Schuljahr, [Schülerband]] (Dritter Teil = 5. bis 8. Schuljahr, [Schülerband])

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auf. „Lene,“ sprach er zu seiner Frau, „geschwind spring hinauf 
und hole ein feines Hemd und meinen Sonntagsstaat herunter, daß 
der gute Freund da sich umkleiden kann!“ Der Schneider wollte 
allerlei dagegen einwenden, aber der Meister hielt ihm den Mund 
zu und sagte: „Schweig, und sprich mir kein Wort dagegen! Du 
hast’s wohl um mich verdient, daß ich mein bißchen Hab und Gut 
mit dir teile.“ Es half nichts; der Schneider mußte sich putzen 
und aus einer langen Pfeife rauchen. Der Meister gebot ihm, sich 
gerade so zu pflegen, als ob er in seinem eigenen Hause wäre, und 
nachdem er in möglichster Eile sein Tagewerk vollends geendet 
hatte, setzte er sich mit ihm zu Tische und ließ alle seine Leute 
hereinkommen, daß sie den Fremden nun recht genau besehen 
konnten« Dabei erzählte er ihnen denn, wer der Fremde eigent¬ 
lich sei, und was es mit ihrer beiderseitigen Freundschaft für eine 
Bewandtnis habe. Da hatten alle eine herzliche Freude über den 
Ankömmling, besonders aber die Frau vom Hause, die ihren Mann 
sehr liebte und oft dem guten Schneiderburschen, der in Polen 
eine so treue Stütze für ihren Mann gewesen war, ehe sie ihn persön¬ 
lich kannte, Gottes Segen gewünscht hatte. Der Meister ließ noch 
am nämlichen Abend zwei fette Gänse schlachten und auf den fol¬ 
genden Tag alle Freunde und Gevattern des Dorfes zu sich zu Gaste 
laden. „Juchhei! das soll mir ein Freudentag werden!“ rief er laut 
auf — und schwang dabei seine Mütze vor Freuden. Der Sonntag 
kam, und in der Schmiede ging’s so fröhlich her, als wenn es Kind¬ 
taufe gewesen wäre. Nachdem die Mahlzeit geendigt war, erzählte 
der Schmied alle seine Erlebnisse und besonders, was er seinem Kame¬ 
raden für einen Liebesdienst zu verdanken habe. Der Schneider 
mußte dann seine Erlebnisse auch erzählen, und die Gäste gewannen 
ihn so lieb, daß sie durchaus darauf bestanden, er solle sich in diesem 
Dorfe häuslich niederlassen und ihr Schneider werden. Der Schmied 
jauchzte darüber laut und versprach, ihn mit Geld zu unterstützen, 
soviel er könne. Er hielt auch Wort; der Schneider fand sein reich¬ 
liches Brot im Dorfe, verheiratete sich mit einer guten Wirtin und 
lebte froh und glücklich. Ewald. 
38. Herr von Ribbeck aus Ribbelt im Havelland. 
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, 
ein Birnbaum in seinem Garten stand, 
und tarn die goldene Herbsteszeit, 
und die Birnen leuchteten weit und breit, 
da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl, 
der von Ribbeck sich beide Taschen voll, 
und kam in Pantinen ein Junge daher, 
so rief er: „Junge, wiste 'ne Beer?"
	        
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