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218. Eine Landpartie im schwarzen Deutschland.
1. Wir befanden uns in Lewa, einer bedeutenden Tabakplantage der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, und bewunderten die Arbeiterdörfer,
die wohleingerichteten Wohnungen der Europäer, die zahlreichen Scheunen
und Jndustriegebände inmitten weiter Tabakfelder. Deutscher Fleiß hat sie
geschaffen da, wo vor wenigen Jahren noch Urwald die Flächen bedeckte.
Von hier beschlossen wir, nach dem etwa 60 Kilometer entfernten
Tanga zu gehen. Es war Sommer. Seit Monaten schon sandte die
Sonne von einem stets gleich unbewölkten Himmel ihre sengenden Gluten
ans die lechzende Erde hernieder, und erst in vier Wochen wurde die
Regenzeit erwartet. Am 23. Februar früh um sechs Uhr brachen wir ans
in Begleitung unsrer Boys, d. h. der zur persönlichen Dienstleistung be¬
stimmten Negerburschen, und der zehn Träger für die Sachen, deren lvir
unterwegs bedurften. Jeder von ihnen trug 30 Kilogramm auf dem
Kopfe, die übliche Trägerlast in Afrika. Wir mußten uns eben mit allem
versehen, was wir unterwegs auch an Bequemlichkeitsgegenständen nötig
hatten; denn bis Tanga hatten wir nirgends eine gastliche Unterkunft,
nirgends eine freundliche Aufnahme zu erwarten. Nicht nur Kisten mit
Getränken, vor allem Harzer Sauerbrunnen, und Eßwaren nahmen wir
mit; da trug einer das Zelt, ein andrer Feldbetten und Stühle, ein dritter
Kochtopf und Geschirr usw.
2. Nur kurze Zeit konnten wir uns an den wohlgepflegten Plantagen
freuen. Bei dem Arbeiterdorfe Magila betraten wir den Urwald, und
von jetzt an waren wir nur noch auf die engen, d. h. einen halben bis
einen Fuß breiten Negerpfade angewiesen. Das sind die einzigen Wege
im ganzen Afrika, wovon selbst die sogenannte große Karawanenstraße
nach bcu Seen, die man sich unwillkürlich als einen schöngepflegten,
breiten, womöglich gar fahrbaren Weg vorstellt, keine Ausnahme macht.
Wenn nur einer hinter dem andern gerade vorwärts kommt, so genügt
das dem Neger vollständig, und so geht es denn im Gänsemarsche Hinter¬
eillander weiter, solange es die Kräfte gestatten.
3. Leider verließ der Schwarze nur zu bald den Wald von Magila
mit seinen so mannigfaltigen Bäilmen, unter denen sich Riesenstämme be¬
finden, wie sie Europa kaum aufweist, und mit seinen vielfachen Schling¬
gewächsen, die alles untereinander zu einem fast undurchdringlichen Ge¬
wirr verbinden. Wir nlußterr alls seinem Schatten Hinalls, und nachdem
wir ein ausgetrocknetes Flußbett durchquert, dessen Niederung dicht mit
Schilf bewachsen war, ging es durch hügliges Gelände bergauf, bergab. Es
waren zwar nur steine Anhöhen, die zu übersteigeil waren; aber was selbst