Full text: Lesebuch für Schlesien

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e) Die Kaiserin als Landesmutter. 
1. Wie der Kaiser der Vater des Landes ist, so will sie dessen Mutter 
sein. In der großen Stadt Berlin hat sie nun viel Gelegenheit, Gutes zu 
tun und für das Wohl andrer zu sorgen. Dort wohnen viele arme Leute, 
die ärmer sind als die ÄArmsten unter uns. In Gemeinschaft mit andern 
reichen Leuten sorgt sie nun so viel wie möglich dafür, daß den Not— 
leidenden Lebensmittel, Holz, Kohlen, Kleider und alles, was sie sonst 
notwendig brauchen, angeschafft wird. 
2. Die Kaiserin besucht auch häufig die Kranken- und Waisenhäuser und 
hat für jeden dort ein freundliches Wort. Am Weihnachtsabend macht sich 
die Kaiserin noch eine besondere Freude. Wenn der kaiserlichen Familie be— 
schert worden ist, dann kommt noch eine große Schar armer Kinder. In 
einem großen Saale des Schlosses steht ein riesiger geputzter Lichterbaum, 
und auf den Tischen liegen schöne und nützliche Geschenke für jedes Kind. Die 
Kaiserin freut sich dann über die frohen Kindergesichter und spricht so freund— 
lich wie eine Mutter mit den dankenden Kindern. 
So kommt es, daß alle Leute in Berlin und im ganzen Lande die gute 
Kaiserin von Herzen liebhaben. 
Dr. Christian Spielmann. ESchülerhefte für den vaterländischen Geschichtsunterricht.) 
c) Herzensgüte unsrer Kaiserin. 
Als unsre Kaiserin einst in ihrem Heimatlande Schleswig-Hol— 
stein weilte, besuchte sie auch das Ostseestädtchen Eckernförde. Auf 
dem Bahnhofe des Städtchens war ihr ein festlicher Empfang be— 
reitet, und ein Mägdlein war auserkoren, ihr eine Blumenspende und 
ein Willkommen entgegenzutragen. Wohleinstudiert ist das schöne 
Gedicht. Jetzt hält der Zug. Im Empfangszimmer steht die Kaiserin, 
vor ihr steht das Kind mit dem Blumenstrauß in der Hand. Aber 
die Kaiserin muß wohl auch in den Augen des Mägdleins eine 
große Majestät gewesen sein; denn als nun das Kind seine Verse 
hersagen soll, da bleibt das Wort in der Kehle stecken und will 
nimmer heraus. Nur der Blumenstrauß hält eine stumme Rede 
vor der Kaiserin, die Kindesaugen aber sehen ängstlich zu Boden 
und blicken um sich und finden doch kein einziges Wörtlein. Da 
neigt sich die Kaiserin zu dem Mägdlein, nimmt ihm den Blumen— 
strauß aus der Hand und spricht in freundlichem Tone: „Ei, den 
schönen Blumenstrauß willst du mir schenken? — So will ich dir 
das Gedicht schenken.“ Und sie streichelt dem Kinde die glühende 
Wange. Ernst Evers. Auguste Viktoria, die Deutsche Kaiserin.)
	        
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