der Trupp wird immer zahlreicher, die Schar immer größer, das
Heer immer gewaltiger: es ist ein riesiger Laichzug entstanden.
Drängend eilen die Fische dem Laichplatze zu, oft so dicht, daß die
unteren Fische die oberen über den Wasserspiegel heben, daß ein in
die Heringsmasse gestoßenes Ruder stehen bleibt und selbst Boote
in Gefahr geraten, über das Wasser gehoben und umgeworfen zu
werden. An dem hellen Widerscheine am Himmel, der durch das
Zurückwerfen der Sonnen- oder Mondstrahlen von dem silberglän—
zenden Schuppenkleide der Tiere entsteht, erkennt der Kundige einen
solchen Zug schon von weitem.
Diese Laichzüge werden sehnsüchtig erwartet. Ihnen werden
riesige, senkrecht in das Meer hinabgelassene Netze entgegenge—
stellt, die zu unabsehbaren Wänden aneinander geknüpft sind. Die
Maschen des Netzes sind genau so weit, daß ein erwachsener Hering
wohl mit dem Kopfe hindurch kann, aber mit den Kiemendeckeln
hangen bleibt, wenn er zurück will. Haben sich die Netze gefüllt,
so werden sie gehoben; die Heringe werden ausgelöst, in das Boot
geworfen und nach der Küste gefahren, um dort für den Versand
zubereitet zu werden.
Am Strande entwickelt sich nun eine rege Tätigkeit. Schon
stehen lange Reihen von Fässern bereit, neben denen große Haufen
grobkörnigen Salzes aufgeschüttet sind. Frauen und Kinder machen
am Halse der Tiere einen Einschnitt und nehmen mit einem ein—
zigen geschickten Zuge die Eingeweide heraus. Andere tragen die
ausgenommenen Fische den Salzern zu. Diese legen die Heringe
in Tonnen und überstreuen jede Schicht mit Salz, worauf endlich
das gefüllte Faß fest verspundet wird. So richtet man den Salz—
hering her, der von der Küste aus ins Binnenland und bis in das
entlegenste Gebirgstal wandert.
Aus einem Teile der gefangenen Heringe werden die Bückinge
bereitet. Die dazu bestimmten Fische bleiben nur etwa 24 Stunden
im Salze; dann werden sie gewaschen, an der Luft getrocknet, auf
Stangen gezogen und in den Räucherofen gebracht. Hier läßt man
sie zwei bis drei Stunden in dem dichten Rauche von Pappel- oder
Erlenholz hangen. Sie schimmern dann goldbraun und verbreiten
einen angenehmen Duft. Auch den Brathering kennt in Mittel—
und Nordeuropa wohl jedermann, und die Schnelligkeit, mit der
sich heutzutage aller Verkehr vollzieht, ermöglicht selbst die Ver—
schickhing „gruner“, d. h. ungesalzener frischer Heringe nach dem
Binnenlande.
Die Zahl der alljährlich gefangenen Heringe ist ungeheuer groß.
Man schatzt sie auf 10000 Millionen. In Deutschland allein wer—
den in jedem Jahre für etwa 40 Millionen Mark Heringe von
andern Ländern eingeführt. Aber weit mehr noch dienen alljährlich
den Kabeljaus, Haifischen, Walen, Robben und Seevögeln zur Nah—
rung. Welche Mengen mögen also im Meere leben!