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14. Das Reh.
10. Da kommt mit vollem Euter
die alte Geiß gesprungen;
sie sucht sich Gras und Kräuter
für ihre Jungen:
sie sieht das Laub und fragt nicht viel,
sie frißt es ab mit Stumpf und Stiel.
11. Da war das Bäumlein wieder leer.
Es sprach nun zu sich selber:
„Ich begehre nun keiner Blätter mehr,
weder grüner, noch roter, noch gelber;
hätt' ich nur meine Nadeln,
ich wollte sie nicht tadeln.“
12. Und traurig schlief das Bäumlein ein,
und traurig ist es aufgewacht.
Da besieht es sich im Sonnenschein
und lacht und lacht!
Alle Bäumlein lachen's aus;
das Bäumlein aber macht sich nichts draus.
13. Warum hat's Bäumlein denn gelacht?
Und warum denn seine Kameraden?
Es hat bekommen in einer Nacht
wieder alle seine Nadeln,
daß jedermann es sehen kann;
geh' naus, sieh's selbst, doch rühr's nicht an!
„Warum denn nicht?“
Weil's sticht.
Rückert.
14. Das Reh.
1. Das Reh ist eins unserer zierlichsten Säugetiere. Sein schlan-
ker Körper, seine groben, hellen aAugen, seine hoben, dünnen Beine,
sein aufreeht getragener Hals geben ihm ein gutes Aussehen. Auch die
Fube sind zierlich; jeder hat vorn zwei Zehen, die mit sehwarzen Hufen
bekleidet sind. Der Rehbock träügt auf der Stirn ein kleines Geweih,
welches aus zwei knochigen Stangen besteht, die gewöhnlich 3—-5 Zaeken
haben. Das Reh ist kaum so groh und sehwer als eine Ziege; sein
Körper ist mit kurzen, groben Haaren bedeckt, welebe im Sommer
rotbraun, im WMinter rötlichgrau sind. Ihr Futter verschlingen die
Rehe wie die andern Wiederküuer nur halb gekaut; dann wird es in
dem gröberen Magen erweicht, geht dureh den zweiten Magen und durch
die Speiserõöhre wieder in das Maul, wo es zum zweiten Male gekaut
wird. Hierauf kommt es in den dritten und vierten Magen, um dort
vollstündig verdaut zu werden. Die weibgefleckten Zicklein sind so
allerliebste Geschöpfse, dah man sie zum Vergnügen aufzieht. Sie werden