fullscreen: Deutsches Lesebuch für höhere Handels- und Realschulen

248 
Wird die Verkohlung in geschlossenen Gefäßen vorgenommen, 
so bezeichnet man sie als trockene Destillation. Die Vorrichtungen, welche 
man für eine solche benutzt, gestatten es, die gas- und dampfförmigen 
Produkte aufzufangen, und nun zeigt sich, daß diese bei der trockenen 
Destillation aller organischen Stoffe bis zu einem gewissen Grade eine 
große Gleichförmigkeit besitzen. Immer entstehen dabei: 1. Brennbare 
Gase; 2. eine wässerige Flüssigkeit, die aber durchaus nicht reines Wasser 
ist; 3. Teer; 4. Kohle. Dieser sind dann auch die mineralischen Stoffe, 
die Aschenbestandteile, beigemengt. 
Auch die Steinkohlen sind organische Substanzen, und demgemäß 
zeigen sie bei der trockenen Destillation das Verhalten aller organischen 
Körper. Die brennbaren Gase, welche sie dabei liefern, bestehen haupt⸗ 
sächlich aus Verbindungen von Kohlenstoff und Wasserstoff, sogenannten 
Kohlenwasserstoffen. Ihre Bildung ist oft der eigentliche Zweck, den 
man bei der Ausführung dieser trockenen Destillation im Auge hat, denn 
sie bilden nach einer passenden Reinigung unser bekanntes Leuchtgas 
Die wässerige Flüssigkeit, das sogenannte Gaswasser, enthält fast 
den ganzen Stickstoff der Steinkohlen, und zwar in Form von Ammoniak⸗ 
verbindungen. Diese lassen sich daraus gewinnen, und da sie in der 
Industrie, vor allem aber in der Landwirtschaft eine ausgedehnte Ver⸗ 
wendung finden, so ist die Verarbeitung des Gaswassers auf Ammoniak 
und Ammoniakverbindungen in neuerer Zeit ein sehr wichtiger Fabri⸗ 
kationszweig geworden. Die Benutzung dieser Stoffe in der Landwirt— 
schaft beruht auf ihrer Verwendung als künstliche Düngemittel. Der 
Stickstoff, welcher in Form von Ammoniak aus den vorweltlichen 
Pflanzenresten gewonnen wird, er wird dem Boden zugeführt, um neuen 
Pflanzengenerationen zur Nahrung zu dienen. 
Das dritte Prodult ist nun der Teer, dem wir unser Haupt⸗ 
interesse zuwenden müssen; die zurückbleibende Kohle aber bildet die für 
manche Zwecke als Heizmaterial besonders hochgeschätzten Coaks. 
Der Steinkohlenteer ist ein äußerst kompliziertes Gemenge der 
verschiedenartigsten Stoffe. Gegen 50 Bestandteile hat man bis jetzt 
aus ihm isolieren können, und es ist anzunehmen, daß noch eine beträcht⸗ 
liche Zahl der Beobachtung entgangen ist, weil sie in zu geringer Menge 
vorhanden sind, um sie neben einer so großen Anzahl anderer Ver—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.