§. 5i. Ludwig der Heilige.
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nahmen das Kreuz, und — wurden frei. Wer also seine Knechte
gerne behalten wollte, war freundlich mit ihnen und behandelte
sic menschlich. Die Morgenländer waren feiner und gebildeter;
die groben, rohen Abendländer richteten sich, wenn sie dort im
Quartiere lagen, nach ihren Wirthen, und kamen artiger Zurück,
als sie abgegangen waren. Auch fing man an, nicht Alles blind
zu glauben, was der Pabst und die Geistlichkeit lehrte, sondern
erst nach dem Worte Gottes zu prüfen, ob auch etwas Wahres
daran sei. Und das mag denn wohl der größte Segen sein,
den die Kreuzzüge Zu Wege gebracht haben.
§. 38. Ludwig der Heilige.
In den Jahren 1226 — 1270 regierte in Frankreich der
fromme König Ludwig der Heilige, an dem man recht sehen kann,
daß es auch damals wahrhaft fromme Leute gab, und welche
Gestalt die Frömmigkeit jener Zeit hatte. —
König Ludwig war äußerst mäßig in allen Dingen. Mühe scheute
er keine, wo es galt, etwas für Gott zu thun. Damals wur¬
den die Leute gelehrt: „Wenn ihr wollt heilig leben, so müßt
ihr euch selber recht wehe thun, damit ihr euer Fleisch kreuzi¬
get." Das that Ludwig denn auch, und ließ sich jede Woche
von einem Mönche den nackten Rücken tüchtig durchpeitschen, und
klagte nicht, so wehe ihm auch die Schläge thaten. — Wer
damals den Herrn Jesnm lieb hatte, dem wurden von den Prie¬
stern allerlei Dinge gezeigt oder verkauft, die von der Zeit her
sein sollten, in welcher der Heiland auf Erden wandelte, und
man glaubte den Herrn selber zu ehren, wenn man nur diese
Dinge, Reliquien genannt, überaus hoch hielt. So hatte
sich auch König Ludwig für vieles Geld einige dieser Reliquien
gekauft: etliche Stücklein vom Kreuze Christi, vom Schwamm
und von der Dornenkrone, — und hielt dieselben in so hohen
Ehren, daß er nicht wagte, zu ihnen hin zu gehen; nein, er
rutschte demüthig auf den Knieen zu diesen seinen köstlichsten
Schätzen. Nicht wahr, das ist sonderbar?! Aber Kinder, freuet
euch, daß ihr jetzt den rechten Weg zur Seligkeit wissen könnt,
und thnt so treulich, was Gottes Wort euch sagt, als Ludwig
seiner geringen: Erkeuntuiß treu war. Und nun, hört weiter:
Der König betete täglich mehrere Stunden; las fleißig in gott¬
seligen Büchern; verpflegte oft eigenhändig in den Hospitälern
die Kranken und ward nicht unwillig, wenn sie ihn verunrei¬
nigten. Er war freundlich gegen jedermann, schalt und fluchte
nie, war ein so großer Feind jeder Lüge, daß er eher gestorben
wäre, als er gelogen hätte; litt nimmer unnütze, leere Ge¬
schwätze in seiner Gegenwart und sorgte unablässig für oaö Wohl
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