Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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thiere selten sind. Bei der Reife setzt sich aus der Kokosmilch ein zartes, 
schmackhaftes Mark an die innere Wandung der Nuß, wie sich der Weinstein 
aus dem Weine an die innere Wand des Fasses absetzt. Mittels eines 
Löffels wird dieses Mark herausgenommen und entweder roh gegessen, oder 
mit Salz und Öl als Salat zubereitet. Man kocht aus dem Mark auch Öl, 
welches man an die Speisen thut. Der ausgepreßte Kern aber gibt das 
beste Viehfutter und düngt den Acker. Wie mannigfaltig der sinnreiche 
Europäer die harte Nußschale zn verarbeiten weiß, zeigen die Stockknöpfe, 
Pfefferbüchsen, Näpfe und Becher, welche schön geschnitzt und polirt, nicht 
selten mit Silber eingefaßt werden. Die sehr zähe, braunrothe Faser der 
äußern Schale gibt die feinsten Teppiche und Flechtwerkc. — Am frucht¬ 
barsten ist der Baum in salzigem Boden und am Meere. Dieses hat 
schon manche abgefallene Nuß auf seinen Wellen den nackten Korallenriffen 
zugeführt und ohne Menschenhand Palmenwälder entstehen lassen, welche 
später von gestrandeten Insulanern in Besitz genommen wurden. Um der 
vielen und großen Segnungen willen steht die Kokospalme in hoher Ver¬ 
ehrung. Auf Ceylon pflanzt man bei der Geburt eines Kindes eine Kokos¬ 
palme und die Ringe, die der Baum mit jedem Jahrestricbe um den 
Stamm bildet, geben das Alter des Kindes an. Im Hafen zu Bombay 
opfert man nach alter Sitte alljährlich eine vergoldete Kokosnuß zum 
Zeichen reichen Ertrages und glücklicher Seefahrt. Grub-. 
355. Die Auferstehung. 
Auferstehn, ja auferstehn wirst du, 
Mein Staub, nach kurzer Ruh! 
Unsterblich's Leben 
Wird, der dich schuf, dir geben! 
Halleluja! 
Wieder auszublühn werd' ich gesät! 
Der Herr der Ernte geht 
Und sammelt Garben 
Uns ein, uns ein, die starben! 
Halleluja! 
' Tag des Danks! der Frendenthränen 
Tag! 
Du meines Gottes Tag! 
Wenn ich im Grabe 
Genug geschlummert habe, 
Erweckst du mich! 
Wie den Träumenden wird dann uns sein! 
Mit Jesu gehn wir ein 
Zu seinen Freuden! 
Der müden Pilger Leiden 
Sind dann nicht mehr! 
Ach ins Allerheiligste führt mich 
Mein Mittler; dann leb' ich 
m Heiligthume 
u seines Namens Ruhme! 
alleluja! Kl stock. 
356. Aus der Jugend Friedrich Wilhelm's UI. 
Als der König ein Knabe von zehn Jahren war, so erzählt sein Kammer¬ 
diener und nachheriger geheimer Kämmerer Wolter, und ich die Aufwartung 
bei ihm hatte, brachte eines Tages im Monat Januar bei strenger Kälte 
ein Gärtnerbursche ein Körbchen mit schönen reifen, im Treibhause gezogenen 
Kirschen. Beim Anblicke derselben freute sich der junge Prinz und wünschte, 
die in dieser Jahreszeit seltene Frucht zu genießen. Als ihm aber bemerk- 
lich gemacht wurde, daß sie fünf Thaler kosten sollten, fragte er verwundert: 
„Wie, für eine Hand voll Kirschen fünf Thaler?" und drehte sich dann fest 
um mit den entschiedenen Worten: „Ich mag und will sie nicht!" — Und 
der Gärtnerbursche entfernte sich mit seinen Kirschen. 
Wenige Stunden später ließ sich ein Bürger und Schuhmachermeister 
aus Potsdam melden.
	        
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